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Lexikon der Chemie: Östrogene

Östrogene, auch Estrogene, Follikelhormone, eine Gruppe weiblicher Sexualhormone. Die natürlichen Ö. leiten sich von Estran ab, sie haben einen aromatischen Ring A mit einer phenolischen Hydroxygruppe am C-Atom 3 und eine Sauerstoffunktion am C-Atom 17. Sie enthalten 18 Kohlenstoff-
atome. Hauptvertreter ist Estradiol, 1,3,5(10)-Estratrien-3,17β-diol. Daneben treten die schwächer wirksamen Metabolite Estron und Estriol auf. Die Ö. werden besonders in den Graafschen Follikeln des Ovars (daher der Name Follikelhormone) und im Gelbkörper, während der Schwangerschaft auch in der Placenta gebildet. In geringer Menge kommen sie auch in männlichen Keimdrüsen vor. Die Biosynthese verläuft über Testosteron, dessen CH3-Gruppe am C-Atom 10 als Formaldehyd eliminiert wird. Anschließend erfolgt Aromatisierung des Ringes A. Die Ö. werden partialsynthetisch aus anderen Steroiden, in zunehmendem Maße aber totalsynthetisch dargestellt. Die Ö. sind für die Ausbildung der sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmale und zusammen mit dem Gestagen Progesteron und den Gonadotropinen für den normalen Ablauf des Menstruationszyklus verantwortlich.





Therapeutisch finden die Ö. – meist in Kombination mit Gestagenen – zur Substitutionstherapie bei Östrogenmangelerscheinungen, z. B. bei drohendem Abort, Amenorrhoe, Dysmenorrhoe, klimakterischen Beschwerden, und als Kontrazeptiva Anwendung. Von den natürlichen Ö. kommt nur Estriol nach oraler Anwendung zur Wirkung. Wegen schneller Metabolisierung besitzt Estradiol bei parenteraler Applikation eine flüchtige und bei oraler Applikation praktisch keine Wirkung. Deshalb werden therapeutisch Ester des Estradiols für die parenterale (z. B. Estradiol-3-benzoat) und orale Applikation (z. B. Estradiol-17-valerat) verwendet. Eine sichere Wirkung bei oraler Anwendung ist bei den partialsynthetischen Ö. mit 17α-Ethinylgruppe, z. B. Ethinylestradiol und Mestranol, gegeben. Aus diesem Grunde finden sich diese Verbindungen vorzugsweise in Kontrazeptiva. Die Einführung der 17α-Ethinylgruppe erfolgt durch Ethinylierung von Verbindungen mit Ketofunktion am C-Atom 17. Eine östrogene Wirkung bei oraler Applikation zeigen auch synthetische Verbindungen vom Typ des Diethylstilbestrols, α,α'-Diethyl-4,4'-dihydroxystilben, bei



denen sich die beiden Hydroxygruppen in gleicher Entfernung voneinander befinden wie beim Estradiol. Als Depotform spielt der O,O-Dimethylether dieser Verbindung eine Rolle. Wegen zahlreicher unerwünschter Nebenwirkungen haben diese Verbindungen in der Humanmedizin nur noch geringe Bedeutung. Das Tetranatriumsalz des Bis-O-monophosphorsäureesters des Diethylstilbestrols (Fosfestrol) wird zur Behandlung des Prostatakarzinoms eingesetzt.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
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Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
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Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
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Fachkoordination:
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Redaktion:
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