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Lexikon der Chemie: Wolfram

Wolfram, Symbol W, chem. Element aus der VI. Nebengruppe des Periodensystems, der Chromgruppe, Schwermetall; Z 74, Massenzahlen der natürlichen Isotope 184 (30,64 %), 186 (28,41 %), 182 (26,41 %), 183 (14,40 %), 180 (0,135 %), Atommasse 183,85, Wertigkeit meist VI, daneben auch V, IV, III, II, 0, D. 19,26 g cm-3, F. 3410 °C, Kp. 5660 °C, elektrische Leitfähigkeit 17,8 Sm/mm2, Standardelektrodenpotential (W/W3+) -0,11 V.

Eigenschaften. W. ist ein weißglänzendes, in sehr reiner Form duktiles und leicht verformbares Metall, das im kubisch-raumzentrierten Gitter kristallisiert. Bereits geringe Mengen Kohlenstoff oder Sauerstoff verleihen dem Metall große Härte und Sprödigkeit. Bei Raumtemperatur gegenüber trockener Luft vollkommen beständig, verbrennt W. bei Rotglut zu Wolfram(VI)-oxid WO3. Wasserdampf oxidiert glühendes W. zu Wolfram(IV)-oxid WO2. Mit Stickstoff reagiert W. schwer, Fluor oxidiert W. bereits bei Raumtemperatur zu Wolframhexafluorid WF6, während die anderen Halogene mit W. erst bei erhöhter Temperatur zu Wolframhexachlorid, -pentabromid bzw. triiodid reagieren. Mit Ammoniak setzt sich Wolframpulver bei erhöhter Temperatur unter Nitridbildung um. Säuren, auch Königswasser und Flußsäure, greifen infolge Passivierung nur langsam an, dagegen ist W. in einem Gemisch von Flußsäure und konz. Salpetersäure, ebenso in Alkalihydroxidschmelzen löslich.

Analytisches. Eine wichtige Nachweisreaktion für W. basiert auf der Reduktion von Wolfram(VI)-Verbindungen zu Wolframblau. Der kolorimetrischen Bestimmung von W. dient die Reduktion von Wolframaten(VI) mit Zinn(II)-chlorid in Anwesenheit von Kaliumthiocyanat, bei der gelbgefärbte Thiocyanatowolframate(V) gebildet werden. Zur gravimetrischen Bestimmung des W. werden Wolfram(VI)-oxid, Quecksilber(I)-wolframat und Wolframoximat herangezogen.

Vorkommen. W. ist am Aufbau der Erdkruste mit 1,3·10-4 % beteiligt. Die wichtigsten Wolframerze sind Wolframate, z. B. Wolframit (Mn,Fe)(WO4), d. i. eine isomorphe Mischung von Ferberit FeWO4 und Hübnerit MnWO4, Scheelit (Tungstein, Scheelspat) CaWO4 und Stolzit (Scheelbleierz) PbWO4. Ein Verwitterungsprodukt des Wolframits ist Tungstit (Wolframocker) WO3 ·xH2O.

Gewinnung. Die Wolframerze, meist Wolframit oder Scheelit, werden zunächst einer Anreicherung durch Flotation oder elektromagnetische Aufbereitung unterzogen. Der Aufschluß erfolgt durch Schmelzen mit Soda in Flammöfen bei 800 °C und nachfolgende Laugung des gebildeten Natriumwolframats mit Wasser oder durch Drucklaugung der Konzentrate mit wäßriger Natronlauge. Wolframsäure wird entweder direkt durch Salzsäurezusatz aus der Natriumwolframatlösung gefällt, oder man gewinnt durch Calciumchloridzugabe zunächst Calciumwolframat als Zwischenprodukt, das dann ebenfalls durch Reaktion mit Salzsäure in Wolfram(VI)-oxid-Hydrat übergeführt wird. Dieses wird abfiltriert, durch Erhitzen entwässert und mit Wasserstoff bei 1000 bis 1200 °C zu W. reduziert: WO3 + 3 H2 → W + 3 H2O. Bei dieser Reaktion fällt W. in Pulverform mit einer Reinheit von etwa 98 % an; durch Sintern in einer Wasserstoffatmosphäre und Hämmern erhält man W. in kompakter Form. W. läßt sich auch durch Umsetzung von Wolfram(VI)-sulfid mit Calciumoxid im elektrischen Lichtbogenofen herstellen. Das so gewonnene, nicht vollkommen reine, harte und spröde Metall kann durch Hämmern dehnbar gemacht und zu dünnen Drähten gezogen werden. Aus gepreßten Fäden lassen sich unter Zusatz von Thoriumdioxid durch Erhitzen auf etwa 2500 °C meterlange Einkristallfäden von großer Biegsamkeit herstellen. Das zur Herstellung von Wolframstahl dienende W. wird in Form von Ferrowolfram durch Reduktion von Wolfram- und Eisenerzmischungen mit Kohle im Elektroofen gewonnen.

Verwendung. Etwa 90 % der Weltproduktion von Wolfram werden in Form von Ferrowolfram zur Herstellung von Wolframstählen eingesetzt. Unter Nutzung seines hohen Schmelzpunktes und geringen Dampfdrucks – W. hat unter allen Metallen den höchsten Schmelzpunkt und nach dem Schwermetall Rhenium den höchsten Siedepunkt – wird W. ferner zur Herstellung von Glühlampenfäden sowie als Kathoden- oder Antikathodenmaterial für Elektronenröhren verwendet. Man setzt W. für Thermoelemente ein und nutzt es für Raketendüsen und Hitzeschilde in der Raumfahrt. Hochbeanspruchte elektrische Kontakte bestehen meist aus W., dem vor dem Sintern Kupfer und Silber beigefügt wurden. Bei der Gewinnung der Metalle der IV. und V. Nebengruppe nach dem Aufwachsverfahren werden Wolframdrähte verwendet. Von besonderer Bedeutung ist der Einsatz von W. zur Herstellung von Hart- und Schneidmetallen. In seinen Legierungen (Wolframlegierungen) überträgt W. seine Eigenschaften mehr oder weniger stark auf diese Systeme.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
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Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
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Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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