Lexikon der Ernährung: Fettgewebe
Fettgewebe, Eadipose tissue, Zellverbände, die zum überwiegenden Teil aus Fettzellen (Adipocyten) bestehen aber auch aus deren Vorläuferzellen (Präadipocyten), Endothelien, Makrophagen u. a. Zellen. Entsprechend der Struktur und Funktion der F. unterscheidet man weißes und braunes F.
Das weiße Fettgewebe (Ewhite adipose tissue, WAT), ist hauptsächlich (etwa 75 %) unter der Haut (subkutan) lokalisiert, bildet aber auch tiefer gelegene Fettdepots (Depotfett), wie z. B. in und hinter dem Bauchraum (intra- / retroperitoneal). Bei Frauen wird subkutanes F. bevorzugt im Hüft-und Oberschenkelbereich angelegt (gynoide, gluteal-femorale, periphere Fettgewebeverteilung), bei Männern bevorzugt intraabdominal im Bauchbereich (androider, abdominal-visceraler, zentraler Fettverteilungstyp). Der Anteil des F. an der Körpermasse beträgt beim normalgewichtigen Mann ca. 18 %, bei der normalgewichtigen Frau etwa 24 %. Eine starke Anhäufung von F. führt zu Adipositas. Die Zunahme des F. kann sowohl durch eine Vergrößerung der Fettzellen (Adipocytenhypertrophie) als auch durch die Bildung neuer Fettzellen aus den Präadipocyten des F. erfolgen (Adipocytenhyperplasie).
Die Hauptfunktion des weißen F. ist die Speicherung von überschüssiger Nahrungsenergie. Dazu werden die in den Lipoproteinen des Blutes, insbesondere den Chylomikronen und den VLDL enthaltenen Triglyceride durch das Enzym Lipoproteinlipase gespalten, die freigesetzten Fettsäuren in die Adipocyten überführt und dort wieder zu Triglyceriden verestert. Insulin fördert diese Prozesse. Die Triglyceride füllen schließlich das Volumen der Fettzellen fast vollständig als ein einziger großer Fetttropfen aus. Bei negativer Energiebilanz werden umgekehrt unter der Kontrolle lipolytischer Hormone (Catecholamine, Somatotropin, Testosteron) Triglyceride der Fettzellen hydrolysiert und die Fettsäuren wieder als Energiequellen für den Energieumsatz verfügbar gemacht. Weitere wichtige Funktionen des weißen F. sind die Synthese und Freisetzung von Hormonen und hormonähnlichen Verbindungen, darunter insbesondere von Leptin. Über eine als Leptin-Regelkreis bezeichnete Folge von Leptin-abhängigen Reaktionen ist das weiße F. offensichtlich in der Lage, die Größe der Fettdepots selbst herauf- und herunterzuregulieren. Die Annahme, dass die Adipositas des Menschen auf Störungen des Leptin-Regelkreises, z. B. einer verminderten Leptinproduktion oder defekten Leptinrezeptoren beruhen könnte, hat sich aber mit ganz seltenen Ausnahmen nicht bestätigt (vgl. Essay: Genetische Ursachen der Adipositas). Außer Leptin werden vom weißen F. noch andere Hormone (Östrogene, Angiotensinogen) und Wachstumsfaktoren in z. T. bedeutenden Mengen abgegeben, was auf die enge Stoffwechsel-Verknüpfung des weißen F. mit anderen Organen und Geweben hinweist.
Eine andere Form des F. ist das braune Fettgewebe (Ebrown adipose tissue, BAT), Seine Adipocyten unterscheiden sich vor allem wegen des Reichtums an Mitochondrien und der multilokulären Anordnung zahlreicher kleiner Fetttröpfchen von den Adipocyten des weißen F. Das braune F. ist stark durchblutet und innerviert. Es ist in enger räumlicher Beziehung zu den großen Blutgefäßen, unter den Schulterblättern, im Nackenbereich und an anderen Stellen lokalisiert. Im Vergleich zum weißen F. ist seine Masse sehr gering: beim Neugeborenen macht sie nicht mehr als ca. 1 % des gesamten F. aus, im Verlauf des weitern Lebens nimmt sie ständig ab. Die Hauptfunktion des braunen F. ist die Wärmeproduktion. Sie erfolgt, indem die mitichondriale Energiegewinnung in den Adipocyten des braunen F. von der Konservierung der Energie im ATP abgekoppelt und die aus den Nährstoffen gewonnene Energie statt dessen als Wärme freigesetzt wird. Die Mitochondrien der Adipocyten sind dafür mit einem speziellen Membranprotein, dem Entkopplungsprotein (uncoupling protein [UCP 1]) ausgestattet. In kurzer Zeit und anhaltend kann unter der Kontrolle der Catecholamine eine intensive Wärmeproduktion erfolgen. Diese Funktion ist von besonderer Wichtigkeit für die aus dem Winterschlaf aufwachenden Tiere und für kleine Lebewesen mit auf die Körpermasse bezogen großer Oberfläche. Diese geben relativ mehr Wärme an die Umwelt ab als größere Lebewesen. Vermutlich deshalb ist das braune F. bei Neugeborenen am stärksten ausgebildet. Ansätze, durch pharmakologische Maßnahmen eine Reaktivierung des braunen F. und seiner thermogenen Funktion bei Erwachsenen zu induzieren und für die Therapie der Adipositas zu nutzen haben sich bisher als nicht gangbar erwiesen.
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