Lexikon der Geowissenschaften: Schalenbau der Erde
Schalenbau der Erde, der Aufbau der Erde ist konzentrisch schalenförmig und wird deshalb in einzelne Geosphären untergliedert. Die äußerste Schale bildet die gasförmige Atmosphäre gefolgt von der Biosphäre und Hydrosphäre. Im Erdinneren setzt sich der Schalenbau fort und ist im Prinzip dreigeteilt, in Erdkruste (0–max. 70 km), Erdmantel (70–2898 km) und Erdkern (2898–6371 km) ( Abb. 1). Das Volumen der Erde beträgt 1,083·1021 m3. In Volumenprozent ausgedrückt hat der Mantel (inklusive Kruste) einen Anteil von 83,6 Vol.-%, der Kern von 16,3 Vol.-% des gesamten Volumens der Erde. Die gesamte Masse beträgt 5,973·1024 kg. Die Massenverteilung ist durch die unterschiedliche Dichte der vorherrschenden Phasen in den Schalen bedingt: Erdkern= 1,883·1024 kg (31,6 Gew.-%), Mantel=4,06·1024 kg (68,0 Gew.-%) und Kruste 2,6·1022 kg (0,4 Gew.-%).
Zusätzlich zu dieser traditionellen Einteilung lassen sich durch die moderne Seismologie weitere Unterteilungen finden. Diese sind vor allem durch unterschiedliche Geschwindigkeiten der P-Wellen und S-Wellen (Seismik) geprägt. Von ca. 70–250 km Tiefe werden die seismischen Wellengeschwindigkeiten reduziert, und deshalb wir diese Zone ›low velocity zone‹ (Niedriggeschwindigkeitszone) oder auch Asthenosphäre genannt. Die darüberliegenden starren Gesteinskomplexe werden Lithosphäre (Erdkruste plus nicht duktiler, starrer Teil des Erdmantels) bezeichnet. Man unterteilt die Erdkruste weiterhin in eine kontinentale Kruste, durchschnittlich 35 km mächtig, und eine ozeanische Kruste, durchschnittlich 8 km mächtig. Die Kruste (P-Wellen-Geschwindigkeiten von 6-7 km/s) wird durch die sog. Moho ( Mohorovi?i? -Diskontinuität) vom Erdmantel (P-Wellen-Geschwindigkeiten von ca. 8 km/s) getrennt. Zwischen 400 und 1000 km Tiefe (sog. ›transition zone‹) treten zwei weitere seismische Diskontinuitäten auf: eine bei 400 km, die auf einer Phasentransformation des Olivins in eine Spinellstruktur begründet ist, und eine bei 670 km Tiefe, die auf eine Strukturänderung der meisten Silicate zu einer Perowskitstruktur bestimmt wird. Der ganze Bereich zwischen ca. 70 km und ca. 670 km Tiefe wird oberer Erdmantel genannt. Der untere Erdmantel erstreckt sich von ca. 670 km bis 2898 km Tiefe. An der Grenze unterer Mantel/äußerer Kern kommt es zu einer drastischen Reduzierung der P-Wellen-Geschwindigkeiten aufgrund des flüssigen Zustandes des äußeren Kerns, der bis zu einer Tiefe von 5145 km reicht. Daran schließt sich der feste innere Erdkern bis zum Mittelpunkt der Erde (6371 km) an.
Der Grund für die Entstehung des schalenförmigen Aufbaus der Erde ist bei der Entwicklung des Planeten Erde (Akkretion, Differentiation) zu finden. Es gibt im Prinzip zwei Modelle zur Entstehung der Erde. Beim homogenen Akkretionsmodell ist vor ca. 4,46 Mrd. Jahren eine gravitative Trennung durch Differentiation von Erdkern und Erdmantel erfolgt. Beim heterogenen Akkretionsmodell ist zuerst der siderophile Erdkern (geochemischer Charakter der Elemente) und später der silicatische Erdmantel entstanden. Das homogene Akkretionsmodell wird heute von vielen Wissenschaftlern favorisiert. Bei beiden Modellen entstand im Anschluß daran durch Differentiation aus dem Erdmantel die Erdkruste (mindestens 3,9 Mrd. Jahre alt), die im Laufe der geologischen Entwicklung Veränderungen unterlegen war. Etwa zur gleichen Zeit entstanden die Vorstufen der heutigen Hydrosphäre und Atmosphäre, die aber unterschiedlich von den jetzigen chemischen Zusammensetzungen sind (Atmosphäre).
Die chemische Zusammensetzung der einzelnen Schalen (chemische Zusammensetzung der Erde) ist sehr heterogen. Die acht häufigsten Elemente der gesamten Erde sind in Abb. 2 dargestellt. Zusammen machen diese acht Elemente mehr als 99% der Masse der Erde aus. Ca. 90% der Erde sind aus den vier Elementen Eisen, Sauerstoff, Silicium und Magnesium aufgebaut.
Der Erdkern besteht dabei hauptsächlich ( > 90%) aus einer Eisen-Nickel-Legierung. Die restlichen Elemente sind wahrscheinlich Schwefel und/oder andere leichte Elemente. Der Kern entstand durch Schmelzbildung und Differentiation in der Anfangsphase des Planeten Erde. Da Eisen eine größere Dichte hat als die anderen drei häufigsten Elemente der Erde (Sauerstoff, Silicium, Magnesium), fraktionierte der größte Teil des Eisens als Schmelze in dem Kern. Die Schmelzkurve von Eisen bei Drucken von mehreren 100 GPa ist heute noch nicht genau bekannt und deshalb Gegenstand der Forschung. An der Kern-Mantel-Grenze sind anhand von Experimenten bei hohen Drucken Temperaturen von 3700-4500ºC gefordert worden, an der Grenze innerer/äußerer Kern Temperaturen von 4600-6100ºC. Im inneren Kern ist der Druck so groß, daß auch die dort herrschenden Temperaturen von mindestens 4600ºC nicht mehr ausreichen, um die Eisen-Nickel-Legierung im schmelzflüssigen Zustand zu halten. Die großen Unsicherheiten in der Temperaturbestimmung sind in der schwierigen Messung von solchen hohen Temperaturen zu suchen. Erzeugt werden diese Temperaturen in Experimenten von einem Laser, gleichzeitig werden die hohen Drucke von bis zu 200 GPa in einer sog. Diamantstempel-Zelle erzeugt.
Der obere Erdmantel stellt nach den Modellvorstellungen den verarmten Teil des Mantels dar, aus dem die Erdkruste differenziert ist. Der untere Mantel stellt nach diesem Modell den nicht fraktionierten Anteil des Mantels dar. Die Zusammensetzung des Mantel ist silicatisch. Die Hauptphasen sind Mischkristalle der Phasen Olivin, Orthopyroxen, Klinopyroxen und dazu noch Spinell und Granat.
Die Erdkruste wird wie beschrieben in eine ozeanische Erdkruste und eine kontinentale Kruste unterteilt. Die ozeanische Kruste wird kontinuierlich an den ozeanischen Rücken gebildet und ist das Produkt einer partiellen Schmelze des peridotitischen oberen Mantels. An den Subduktionszonen der Plattenrändern wird die ozeanische Kruste unter eine kontinentale oder eine ozeanische Kruste subduziert und damit wieder verbraucht. Die Lebensdauer dieser Kruste liegt bei ca. 200 Mio. Jahren. Die Zusammensetzung ist einheitlich von basaltischem tholeiitischen Chemismus. Die kontinentale Kruste kann in einen oberen und eine unteren Krustenabschnitt gegliedert werden. Die untere Erdkruste ist aus granulitfaziellen Gesteinen (Granulitfazies) aufgebaut, während die obere hauptsächlich aus granitischen Gesteinen besteht. [TK]
Literatur: [1] Turcotte, D.L., Schubert, G. (1982): Geodynamics. – John Wiley & Sons. [2] Siever, R. (1985): Earth. – New York. [3] Philpots, A.R. (1990): Principles of igneous and metamorphic Petrology. – Princeton University press. [4] Lowrie, W. (1997): Fundamentals of Geophysics. – Cambridge University Press.
Schalenbau der Erde 1: der Schalenbau der Erde mit Angaben zur Tiefe, Druck, Temperatur und seismischen Wellengeschwindigkeiten. Schalenbau der Erde 1:
Schalenbau der Erde 2: durchschnittliche chemische Zusammensetzung des Erdkerns, des Erdmantels und der Erdkruste. Schalenbau der Erde 2:
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