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Lexikon der Neurowissenschaft: Blut-Hirn-Schranke

Blut-Hirn-Schrankew, Hirnschranke, Abk. BHS, Eblood-brain barrier (Abk. BBB), selektive Barriere zwischen Blut und Gehirn, die den unkontrollierten Übertritt von Blutbestandteilen oder im Blut gelösten Substanzen verhindert ( siehe Zusatzinfo ). Im Blut befinden sich zahlreiche Stoffe, wie Hormone, Aminosäuren und Ionen, welche die neuronale Aktivität beeinflussen können. Eine Schranke zwischen Blut und Nervengewebe ist lebensnotwendig für die Gehirnfunktion; nur so ist die präzise Signalübertragung gewährleistet. Bei Wirbellosen findet sich nur bei Insekten eine gut ausgebildete BHS. – Die BHS ist auf der Ebene der Endothelzellen lokalisiert, die die Hirngefäße auskleiden ( siehe Abb. ). Diese sind durch Zonulae occludentes (tight junctions) miteinander verschweißt, die eine unkontrollierte Diffusion zwischen den Zellen verhindern. Astrocyten, welche die Hirngefäße von außen einhüllen, stellen keine Barriere dar, sie sezernieren aber Signalstoffe, welche die Bildung von tight junctions in den Endothelzellen induziert. In der Membran der Endothelzellen befinden sich Transportproteine, die für die Hirnfunktion notwendige Stoffe, z.B. Glucose oder Ionen, abhängig vom Bedarf dem Gehirn zuführen. Fettlösliche niedermolekulare Substanzen können ungehindert die Lipidmembranen der Zellen passieren, sind also im Gegensatz zu wasserlöslichen Substanzen schrankengängig. Fettlöslich sind Gase wie Sauerstoff, Kohlendioxid und Narkosemittel, Schlaf- und Beruhigungsmittel, aber auch zahlreiche Suchtmittel wie Alkohol (Ethanol, Alkoholismus), Nicotin, Cocain und Heroin, das wegen seiner besseren Fettlöslichkeit die BHS leichter überwindet als seine Ausgangssubstanz, Morphin. Dieser Mechanismus wird von der Pharmazie genutzt, indem sie Medikamenten, die das Gehirn erreichen sollen, wie z.B. Psychopharmaka, eine hohe Fettlöslichkeit verleiht, während sie bei Medikamenten, die neurotoxisch sind, wie z.B. Antibiotika, auf gute Wasserlöslichkeit achtet. Steroidhormone, insbesondere die Streßhormone und die Sexualhormone passieren ebenfalls ungehindert die BHS und beeinflussen die Hirntätigkeit. Verschiedene Erkrankungen führen zu vermehrter Durchlässigkeit der BHS. Plötzliche Blutdruckerhöhungen, epileptische Anfälle und Schlaganfälle öffnen vorübergehend die BHS und können Zellen des Immunsystems Zugang zum normalerweise immunologisch privilegierten Nervengewebe verschaffen (Neuroimmunologie). Dieser Mechanismus wird als Ursache für einige entzündliche Erkrankungen des Nervensystems diskutiert, z.B. der multiplen Sklerose. Bakterien oder Viren, die eine Meningitis auslösen, können über die BHS gelangen und eine massive Invasion von Immunzellen ins Gehirn induzieren. Auch das HIV-Virus (AIDS) kann sich im Gehirn einnisten und dort Zerstörungsprozesse auslösen, die dann zu einer Demenz führen. Blut-Liquor-Schranke.

Die tight junctions der BHS bestehen vermutlich sowohl aus Lipiden (Kontinuität der äußeren Membranhälften benachbarter Zellen, inverse Lipidmicellen) als auch aus Proteinen (intramembranöse Proteine: Occludin, Claudine; siehe Abb. ). Ein zweiter Typ von Zell-Zell-Kontakten, die adherens junction (Zonula adherens), ist im Endothel mit der tight junction vergesellschaftet und funktionell ein wichtiger Bestandteil der BHS. Sie wird vorwiegend durch Cadherine (Calcium-abhängige Zelladhäsionsmoleküle) gebildet. Die Calciumabhängigkeit der tight junction wird entsprechend auf deren enge Interaktion mit der adherens junction zurückgeführt. Während der Embryonalentwicklung werden die Endothelzellen auf den BHS-Phänotyp geprägt, wobei vorübergehende Cadherin-vermittelte Kontakte mit Pericyten (Zellen mesodermalen Ursprungs in BHS-Gefäßen) eine wichtige Rolle zu spielen scheinen. Im Rahmen der Angiogenese werden Struktur und Funktion von adherens und tight junctions der BHS durch Wachstumsfaktoren moduliert; beide sind wiederum auch an der Regulation der Gefäßbildung beteiligt.

Blut-Hirn-Schranke

Einen ersten Hinweis auf Schrankenstrukturen im Zentralnervensystem lieferten schon Färbeversuche mit Vitalfarbstoffen im Jahr 1885 durch Paul Ehrlich, der bemerkte, daß eine intravenöse Injektion von Farbstoffen die meisten Organe anfärbte, nur das Gehirn nicht, mit Ausnahme des Plexus choroideus (Adergeflecht) und der Hypophyse.



Blut-Hirn-Schranke

Das Hirngewebe ist von einem dichten Netz von Blutgefäßen durchzogen. Ein unkontrollierter Austausch von Substanzen zwischen Blut und extrazellulärer Flüssigkeit des Gehirns wird durch die tight junctions zwischen den die Gefäße auskleidenden Endothelzellen verhindert. Die Astrocyten leiten die mittels kontrolliertem Transport durch die Gefäßwände gelangten Nährstoffe den Nervenzellen zu.



Blut-Hirn-Schranke

molekulare Komponenten der endothelialen adherens und tight junctions:
In der BHS kommen Occludin und Claudin 1 und 5 vor. Sie interagieren extrazellulär vor allem homophil und binden an die Linkerproteine ZO-1 bis 3 (gehören zu den Membran-assoziierten Guanylatkinasen, MAGUK).
JAM junctional adhesion molecule

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