Lexikon der Neurowissenschaft: Endorphine
Endorphine [Mehrzahl; Kunstwort aus griech. endogenes = innen geboren und Morphine], Eendorphins, neben Enkephalinen und Dynorphinen zu den Opiatpeptiden (endogene Opiate) zählende Gruppe von Neuropeptiden mit 13-32 Aminosäuren, die im Zentralnervensystem (ZNS) gebildet werden, sich an Opioidrezeptoren anlagern und darüber morphinähnliche Wirkungen wie z.B. Schmerzlinderung verursachen. Die Bezeichnung Endorphine wurde aufgrund dieser Wirkung als endogene "Morphine" geprägt. Ursprünglich wurden mit dem Begriff alle drei Hauptgruppen von Opioiden (Endorphine, Enkephaline und Dynorphine) bezeichnet. Diese Opiode leiten sich aber aus unterschiedlichen Vorläufermolekülen ab. Endorphine – das wichtigste und am stärksten analgetisch wirkende ist β-Endorphin – sind wie Adrenocorticotropin (adrenocorticotropes Hormon) und Melanocyten-stimulierendes Hormon (Melanocortine) ein Abkömmling des Proopiomelanocortins (POMC). Es wird im Rahmen der organismischen Reaktion auf Streß zusammen mit Adrenocorticotropin aus dem Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse) sezerniert. Als Hormon in der Blutbahn besitzt es immunmodulatorische Wirkungen. Zentralnervös konzentrieren sich Endorphin-synthetisierende Zellen vor allem im Nucleus arcuatus des Hypothalamus. Die Axone dieser Neurone projizieren zu verschiedenen Regionen des Hirnstamms, in das septo-hippocampale System und auch in den präfrontalen Cortex. β-Endorphin bindet vor allem an μ- und δ-Opioidrezeptoren, mit geringer Affinität auch an κ-Rezeptoren. Die Bindung und Aktivierung dieser Rezeptoren vermittelt in der Regel einen inhibitorischen Effekt auf das Zielneuron. Endorphin-Effekte können durch den Opiatantagonisten Naloxon blockiert werden. Endorphin beeinflußt die Schmerzwahrnehmung, möglicherweise durch Abschwächung des aversiv-affektiven Charakters des Schmerzes. Die zentralnervöse Ausschüttung von Endorphinen könnte die Ursache für die Schmerzunempfindlichkeit (Schmerz) bei Schockzuständen und während der Akupunkturanalgesie (Akupunktur) sein. Aufgrund von Tierversuchen wurde auch ein modulierender Einfluß dieser Opioide auf Lernprozesse diskutiert (Lernen). Außerdem wird ihnen gelegentlich eine Rolle in der Pathogenese von geistigen Störungen (Schizophrenie, Halluzinationen u.a.) zugeschrieben. Endorphine wurden auch in der Cerebrospinalflüssigkeit und in Nervengeflechten des Magen-Darm-Traktes aufgefunden. Außerdem werden Endorphine von Makrophagen, Monocyten und Lymphocyten gebildet, wodurch die Schmerzempfindung in entzündetem Gewebe vermindert wird. Exorphine, Hormone, Neuroimmunologie, Neuropeptide.
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