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Lexikon der Neurowissenschaft: Farbenfehlsichtigkeit

Farbenfehlsichtigkeit w, Dyschromatopsie, "Farbenblindheit", Ecolour blindness, angeborene oder erworbene Störung des Farbensehens beim Menschen. Die Fähigkeit zum Farbensehen beruht auf den drei Klassen von Zapfen in der Netzhaut, die jeweils einen Sehfarbstoff für langwelliges, mittelwelliges und kurzwelliges Licht enthalten. Sind alle drei Sehfarbstoffe in normaler Menge und Struktur vorhanden, spricht man von trichromatischem Sehen. Bei Veränderungen der Absorptionseigenschaften eines der drei Pigmente kommt es zu einer anomalen Trichromasie (Protanomalie bei Verschiebung des langwelligen, Deuteranomalie bei Verschiebung des mittelwelligen und Tritanomalie bei Verschiebung des kurzwelligen Absorptionsspektrums des Pigmentstoffes; siehe Abb. ). Bei Ausfall eines der drei Pigmente spricht man von einer Dichromasie (Protanopie bei Verlust des langwellen-, Deuteranopie bei Verlust des mittelwellen- und die seltene Tritanopie bei Verlust des kurzwellenempfindlichen Sehfarbstoffes). Eine weitere Form der Farbenfehlsichtigkeit ist die Stäbchen-Monochromasie. Da hier die Zapfen nicht funktionstüchtig sind, können keine Farben wahrgenommen werden (kein photopisches Sehen). Die Patienten können jedoch skotopisch sehen (Dämmerungssehen). Aufgrund der funktionsuntüchtigen Zapfen kommt es zu einem zentralen Skotom (keine Lichtempfindung in der Fovea) und zu einer herabgesetzten Sehschärfe (nur 10% der Sehschärfe eines Gesunden) sowie zu einem Pendelnystagmus. – Die meisten Formen der Farbenfehlsichtigkeit werden rezessiv geschlechtsgebunden vererbt (X-Chromosom). Erworbene Störungen des Farbensehens können durch Schädigungen der Netzhaut, der Verbindungen zwischen Netzhaut und Cortex oder durch Erkrankungen des Cortex hervorgerufen werden. Im Gegensatz zur angeborenen Farbenfehlsichtigkeit, bei der beide Augen in gleicher Weise betroffen sind, ist die erworbene Farbenfehlsichtigkeit oft nur auf einen Teil des Gesichtsfeldes beschränkt. Auch andere Funktionen des visuellen Systems können betroffen sein. Die Farbenfehlsichtigkeit kann mit den pseudo-isochromatischen Tafeln von Ishihara (1971) oder dem Farnsworth-Munsell "100 Hue-Test" (1957) diagnostiziert werden. Die Tafeln von Ishihara bestehen aus isoluminanten Farbpunkten, aus denen Zahlen erkannt werden sollen. Bei der zweiten Untersuchungsmethode müssen 4×22 Farbproben ihren Farbtönen entsprechend sortiert werden. Bei der Diagnose der Rot-Grün-Blindheit findet das Nagel´sche Anomaloskop Anwendung. Zwei nebeneinander liegende Halbkreise müssen in ihren Farbtönen miteinander verglichen werden. Ein Halbkeis besteht aus einem Anteil rotem und einem Anteil grünem Licht, der andere Halbkreis aus spektralem Gelb. Bei konstantem grünen Licht muß der Anteil an rotem Licht variiert werden, bis die Mischung von rotem und grünem Licht dem gelben Licht entspricht. Handelt es sich um einen Protanopen, mischt er eine abweichende Menge rotes Licht dem grünen Licht bei. Fehlen die grün empfindlichen Pigmente, so wird eine Farbmischung erzeugt, die sowohl von derjenigen des Protanopen als auch von derjenigen des Tritanopen deutlich abweicht.

M.G.

Lit.:Farnsworth, D.: The Farnsworth-Munsell 100-Hue Test for the Examination of Color Discrimination. Baltimore, 1957. Hess, R., Sharpe, L.T. & Nordby, K.: Night Vision: Basic, Clinical and Applied Aspects. London, 1990. Ishihara, S.: Tests for Colour-blindness. Tokyo 1971. Scheibner, H.: Dichromacy – the simplest type of color vision. In W.G.K. Backhaus, R. Kliegl, & J. S. Werner (Eds.): Color Vision: Perspective from different disciplines. (pp. 285-2305), Berlin – New York 1998.



Farbenfehlsichtigkeit

Ungefähre spektrale Empfindlichkeiten der drei menschlichen Zapfentypen der Netzhaut bei den vier häufigsten erblichen Störungen des Farbensinns. Die Zapfen sind von kurz- nach langwellig (Wellenlänge λ in nm) mit T, D und P bezeichnet, die anomalen Empfindlichkeiten mit P' und D'. Bei der nicht gezeigten seltenen Tritanopie fehlt die Empfindlichkeit von T, bei der ebenfalls sehr seltenen Tritanomalie ist sie verändert. Alle Kurven beziehen sich auf die Empfindlichkeit der Fovea (zentrale Sehgrube).

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