Lexikon der Optik: Katarakt
Katarakt, grauer Star, Linsentrübung. Als K. werden alle Formen von Trübungen der Augenlinse unabhängig von der Art und der Ursache der Trübung bezeichnet. Die Folgen der Linsentrübungen können einerseits Lichtstreuung und andererseits Lichtabsorption in der Linse sein (Abb. 1). Streuung und Absorption des Lichtes treten auf, wenn in der Linse durch Zusammenlagerung kleinerer Linsenproteine große Moleküle (Chromophore) mit mehr als 100 nm Durchmesser entstanden sind. Die Bildung von Vakuolen, die mit der Entmischung des Protein-Wasser-Gemisches in der Linse einhergeht, bedingt Fluktuationen der Brechzahl, die wiederum zu Lichtstreuung führen. Durch Absorption können Farbsinnstörungen (Blau-Gelb-Störungen) hervorgerufen werden. Die Netzhauthelligkeit ist durch die Absorption vermindert. Linsenchromophore sind die Ursache der Fluoreszenz der Linse.
Je nach Lage der Trübung werden verschiedene Varianten der K. unterschieden. Der Kapselstar geht auf Trübungen der Linsenkapsel zurück. Angeborene Verdickungen der vorderen oder der hinteren Linsenkapsel führen zum vorderen oder hinteren Polstar. Erworbene Kapselstare können durch Prellungen der Linsenkapsel, Infrarotstrahlung oder Medikamente wie Chlorpromazin hervorgerufen werden.
Die subkapsuläre K. ist unmittelbar unter der Linsenkapsel in den oberen Schichten der Linsenrinde gelegen. In den meisten Fällen ist die Rückseite der Linse betroffen. Corticoidkatarakte oder senile K. äußern sich sehr häufig als subkapsuläre K. Ein vorderer subkapsulärer Star resultiert oft aus einem akuten Glaukomanfall (Cataracta complicata).
Der Kernstar kann die Folge einer senilen Sklerose des Linsenkernes sein. Ist der gesamte embryonale Kern getrübt (z.B. nach Röteln), so führt dies ebenfalls zum Kernstar.
Angeborene oder während der Wachstumsphase erworbene Rindenstare sind relativ häufig. Der senile Rindenstar (supranukleäre oder kuneiforme K.) stellt die häufigste Form der senilen K. dar.
Die Einteilung der K. entsprechend der Lage ist von Bedeutung, da eine K. in der Nähe der optischen Achse, wie beispielsweise ein Polstar, das Sehen erheblich beeinträchtigen kann, während eine hinter der Iris gelegene K., wie die Cataracta coronaris (Koronarstar), kaum Einfluß auf das Sehen nimmt (Abb. 2 und 3).
Eine Einteilung der K. nach dem Stadium ihres Fortschreitens ist gleichfalls üblich. Eine K. ist immatur, wenn bei klarer Linse nur einzelne Trübungen nachweisbar sind. Ist die Linsenrinde völlig eingetrübt, so spricht man von einer maturen K. Eine intumeszente K. liegt vor, wenn die Linse durch Flüssigkeitsaufnahme anschwillt. Hypermatur ist die K., wenn eine mature K. durch Flüssigkeitsverlust wieder schrumpft. Die Linsenkapsel erscheint faltig.
Eine Therapie ist nur durch operative Entfernung (Extraktion) der getrübten Augenlinse möglich, wobei man zwei prinzipielle Möglichkeiten unterscheidet:
a) intrakapsuläre Kataraktextraktion (ICCE), ("in der Kapsel"), d.h., es wird die gesamte Linse komplett entfernt. Bevorzugtes Verfahren dazu ist die Kryochirurgie, wobei man die Linse an einen unterkühlten Metallstift anfrieren läßt und dann aus dem Auge herauszieht. Ein physiologischer Nachteil dieser Methode ist die Aufhebung der Schrankenwirkung der Linse gegenüber dem Glaskörper.
b) extrakapsuläre Kataraktextraktion (ECCE), ("aus der Kapsel heraus"), d.h., es werden nur die Vorderkapsel, die Rinde und der Kern der getrübten Linse entfernt. Bevorzugt werden zur Eröffnung der Vorderkapsel YAG-Laser und zur Extraktion des Linseninhalts Operationssauggeräte angewendet. Die Schrankenwirkung der hinteren Kapsel gegenüber dem Glaskörper bleibt erhalten. Der Kapselsack bietet eine ideale Fixationsmöglichkeit für künstliche Hinterkammerlinsen (intraokulare Linsen). Nachstarmembranen an der hinteren Kapsel können später ohne Eröffnung des Auges mit Hilfe eines YAG-Lasers zum Bersten gebracht werden. Die ECCE ist technisch wesentlich aufwendiger als die ICCE.
Katarakt 1: Altersabhängigkeit der Transmission der Augenlinse (nach Lerman, Ophthalmic Res. 21, 303, 1980).
Katarakt 2: Klassifizierung der Katarakte entsprechend ihrer Lokalisation in der Linse. a) vorderer Polstar, b) hinterer Polstar, c) Kernstar, d) subkapsuläre Katarakt, e) supranukleäre Katarakt, f) Cataracta coronaria (nach Berke und Münschke, Screening, DOZ-Verlag, Heidelberg 1996).
Katarakt 3: Beispiele für Kataraktformen (Trübungen grau bis schwarz dargestellt, wie sie bei Untersuchung im reflektierten Licht erscheinen). a) Koronarstar (z.B. bei Cataracta senilis), b) Schichtstar (bei angeborener oder erworbener Katarakt), c) zentraler Schichtstar ("Rosette" nach Trauma).
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