Lexikon der Physik: Absorptionsspektroskopie
Absorptionsspektroskopie, 1) allgemein: Verfahren zur Bestimmung der Spektren von Gasen, Flüssigkeiten oder Festkörpern durch Messung der Absorption, die eingestrahltes Licht beim Durchgang durch die Substanz erfährt. Speziell bei Atomen spricht man auch von Atom-Absorptionsspektroskopie. Eine Absorption erfolgt dann, wenn die Lichtfrequenz mit einer Resonanzfrequenz des Mediums übereinstimmt. In diesem Falle bewirkt das Licht den Übergang von einem (bereits besetzten) tieferen in ein höher liegendes Energieniveau der Atome bzw. der Moleküle. Strahlt man mit einer Lichtquelle ein, deren Licht über einen gewissen Frequenzbereich kontinuierlich verteilt ist (z.B. mit einer Wolframbandlampe), so weist das mit einem Spektralapparat erzeugte Spektrum des hindurchgegangenen Lichtes dunkle Linien, die Absorptionslinien, auf. Fraunhofer entdeckte als erster solche Absorptionslinien im Spektrum der Sonnenstrahlung (Fraunhofersche Linien).
Für die Absorptionsspektroskopie eignen sich als Lichtquellen insbesondere Laser, die in einem gewissen Frequenzbereich abstimmbar sind. Dabei sind die Schmalbandigkeit des Laserlichtes und dessen hohe spektrale Leistung besonders vorteilhaft. Die Schmalbandigkeit macht eine spektrale Zerlegung des aus der Probe austretenden Lichtes überflüssig; die Laserfrequenz wird nacheinander auf die Resonanzfrequenzen des Mediums eingestellt. Absolutmessungen der Laserfrequenz erfordern einen großen Aufwand, jedoch lassen sich Frequenzunterschiede – und damit Linienabstände – mit großer Genauigkeit vermessen. Häufig verwendet man die Frequenzwerte bereits bekannter Eichlinien zum Vergleich.
Form und Breite der Absorptionslinien werden durch die Lebensdauern der betreffenden Energieniveaus sowie durch die Wechselwirkungsprozesse der betrachteten Moleküle mit ihrer Umgebung bestimmt.
Absorptionsspektroskopie in Gasen. In Gasen führen bei größeren Drücken die Stoßprozesse zu einer Lorentz-förmigen Linienform mit einer zum Druck proportionalen Linienbreite. Bei hinreichend niedrigen Gasdrücken erhält man dagegen als Folge der thermischen Bewegung der Teilchen eine Absorptionslinie mit gaußförmigen Profil, dessen Breite durch die Doppler-Breite gegeben ist.
Die konventionellen Verfahren der Absorptionsspektroskopie beruhen ausnahmslos auf der linearen Absorption, da die geringe spektrale Intensität der verfügbaren konventionellen Lichtquellen merkliche Änderungen der Besetzungsverhältnisse der vermessenen Niveaus ausschließt. Die Messungen werden dabei vorwiegend als Transmissionsmessung ausgeführt, d.h. es wird die Intensität I des Meßstrahles nach Durchlaufen der Absorptionsküvette der Länge l registriert und mit der Eingangsintensität I0 verglichen. Für das Intensitätsverhältnis gilt
, wobei p den Druck bezeichnet und der auf die Druckeinheit bezogene Absorptionskoeffizient α ein Maß für die Stärke der Absorptionslinie ist. Zum Nachweis sehr schwacher Absorptionslinien benötigt man daher größere Drücke p oder lange Absorptionswege l. Große Absorptionswege lassen sich auf relativ einfache Weise mit kollimierter Laserstrahlung verwirklichen. Durchstimmbare Halbleiterlaser in Kombination mit einer Absorptionszelle mit Mehrfachdurchlauf (gefalteter Strahlendurchgang), die Absorptionswege von mehreren 100 m zuläßt, stellen hier eine hochempfindliche und häufig angewendete Variante dar. Auf der Messung der linearen Absorption beruhen auch die optoakustische, die optothermische, die optogalvanische Spektroskopie und die Spektroskopie innerhalb des Laserresonators. Die hohe spektrale Leistungsdichte der Laserstrahlung macht auch die Beobachtung nichtlinearer Absorptionseffekte möglich. Diese werden in der Sättigungsspektroskopie, speziell der Lamb-dip-Spektroskopie ausgenutzt.
Aufbau eines Absorptionsspektrometers: Meist wird mit einer Anordnung gearbeitet, bei der der Strahl eines durchstimmbaren Lasers durch Strahlteiler in einen Meß- und zwei Referenzstrahlen zerlegt wird (Abb.). Die Intensität des einen Referenzstrahls wird mit einer Photodiode gemessen, um Intensitätsschwankungen des Lasers korrigieren zu können, der andere Referenzstrahl wird durch ein Fabry-Perot-Interferometer geschickt, um bei der Veränderung der Laserwellenlänge Frequenzmarken zur Eichung des Spektrums zu erhalten. Der eigentliche Meßstrahl durchläuft eine Zelle, die die zu untersuchende Substanz enthält. Hinter der Zelle wird die Intensität des aus ihr austretenden Strahles mit einer Photodiode gemessen.
Begrenzt werden die Möglichkeiten der Absorptionsspektroskopie durch die Nachweisempfindlichkeit und das Auflösungsvermögen. Das Auflösungsvermögen gibt an, wie weit zwei Absorptionswellenlängen mindestens auseinander liegen müssen, damit sie noch als zwei separate Linien erkannt werden können, was für die Identifikation von Spezies in einer Mischung von Spezies mit im Spektrum eng beieinander liegenden Übergängen (z.B. bei verschiedenen Isotopen eines Elements) besonders wichtig ist. Mit Nachweisempfindlichkeit bezeichnet man die Mindestmenge des gesuchten Stoffes, die in der Mischung vorhanden sein muß, bzw. die dieser Mindestmenge entsprechende minimale Absorption, die noch nachgewiesen werden kann.
Da selbst beim Einsatz von Lasern in der Absorptionsspektroskopie eine relative Absorption ΔI/I ≤ 10 - 5 kaum noch nachzuweisen ist, benutzt man für besonders hohe Nachweisempfindlichkeiten andere Verfahren, wie z.B. die Emissionsspektroskopie oder die Ionisationsspektroskopie.
2)Biophysik: Die wichtigsten Biomakromoleküle, Proteine und Nukleinsäuren, haben Chromophore, welche nur bei Wellenlängen kleiner als 300 nm absorbieren. Ein weiteres Problem besteht in der Notwendigkeit, biologische Moleküle in wäßriger Lösung zu untersuchen. Die Bedingungen in vivo werden recht gut von Pufferlösungen mit einem pH-Wert von etwa 7 und einem Elektrolytgehalt von etwa 0,15 M NaCl modelliert. Der große Wasseranteil beschränkt den praktisch nutzbaren Spektralbereich auf Wellenlängen größer als 170 nm. Unter dieser Schranke ist die Absorption einer sogar extrem kleinen Wasserschicht von nur 1 μm Dicke schon so groß, daß die Registrierung von Signalen der eventuellen Anteile von Biomakromolekülen eine extreme Genauigkeit erfordert. Die Schwierigkeiten mit Wasser als Lösungsmittels werden z.B. in der Infrarot-Spektroskopie mit dem Einsatz schweren Wassers (D2O) umgangen. Da Wasser ein großes Dipolmoment besitzt und sich daher an polare Biomakromeloküle anlagert, sind deren Absorptionsbanden in wäßriger Lösung deutlich breiter als in anderen Lösungsmitteln. Der Zustand der indiviuellen biomakromolekularen Chromophore in der gegebenen Lösung variiert in hohem Maße wegen der starken Wechselwirkung mit dem Lösungsmittel und der Konformationsfluktuationen. Deshalb ist die Vibrationsstruktur der Elektronenübergänge praktisch nicht zu sehen. Ein weiteres Problem besteht in dem schmalen Temperaturintervall (0 °C-100 °C), innerhalb dessen Wasser im flüssigen Zustand ist. Das hat zwar für Messungen an Proteinen und Nukleinsäuren keine Bedeutung, da dies auch der Temperaturbereich biologischer Systeme ist. Es beschränkt aber drastisch die Möglichkeit der Vergleiche mit Modellverbindungen.
Die Chromophore von Proteinen kann man in drei Klassen unterteilen: (1) die Peptidgruppen (UV-Licht: 210-220 nm), (2) die Seitenketten der aromatischen Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin, Tryptophan und Histidin sowie die Disulphidbrücke zwischen zwei Cysteinen (UV-Licht: 230-300 nm) und (3) prosthetische Gruppen wie Vitamine oder Nukleotide. Nukleinsäuren absorbieren mit ihren Nukleinsäurebasen im UV-Bereich von 180-300 nm mit mehreren Maxima. Die konkrete Lage der Absorptionslinien wird in entscheidendem Maße von der molekularen Umgebung des Chromophors im Biomakromolekül beeinflußt. Dadurch lassen sich spektroskopisch biomolekulare Konformationsübergänge bei Änderungen der Umgebung des Chromophors nachweisen. In der Regel absorbieren die entfalteten Formen von Biomakromolekülen im Bereich des UV stärker als die nativen Konformationen (Hypochromismus 10-50 %), weil letztere regelmäßige Aggregate von eng benachbarten Chromophoren darstellen. Der hyperchrome Effekt ist proportional zum Kubus des Abstandes zwischen zwei Chromophoren. [FE, PVDH]
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.