Lexikon der Physik: Mond
Mond, Erdmond, der einzige natürliche Satellit der Erde. Die mittlere Entfernung des Mondes beträgt 384 403 km, sein Durchmesser 3 476 km. Bei einer mittleren Dichte von 3,34 g / cm3 besitzt der Mond etwa 1 / 81 der Erdmasse. Schon mit bloßem Auge lassen sich helle und dunkle Gebiete auf dem Mond unterscheiden, die in der Antike als Meere und Festland interpretiert wurden und daher als Maria (Singular: Mare) und Terrae (Singular: Terra) bezeichnet wurden. Fernrohrbeobachtungen zeigten, daß die Terrae – die Hochländer des Mondes – vollständig mit Kratern übersät sind, während sich auf den Maria vergleichsweise wenige große Krater befinden; die meisten kleinen Krater werden von erdgebundenen Teleskopen nicht aufgelöst. Statistiken der Mondkrater und ihrer Größe werden herangezogen, um das Alter der Mondoberfläche abzuschätzen. Da der Mond geologisch nicht mehr aktiv ist, bedeutet eine hohe Kraterdichte auch ein hohes Alter der betreffenden Region. Daneben kann man durch diese Zählungen die Größenverteilung der Körper im Sonnensystem abzuschätzen. Sie zeigen, daß die meisten Asteroiden kleiner sind als einige hundert Meter und nur wenige große Asteroiden existieren dürften.
Verschiedene Raumfahrtmissionen wie etwa die Luna- und Surveyer-Sonden sowie die Apollo-Missionen (Apollo-Programm) ermöglichten chemische Analysen des Mondgesteins. Es besteht aus eher leichten, aluminium- und silikatreichen Mineralien. Zusammen mit der physikalischen Beschaffenheit der Gesteine führt dies zu einer Unterteilung in lunare Basalte, Anorthosite (wie Olivin und Pyroxen) und Breccie. Basalte und Anorthosite entstammen endogenen Prozessen des Mondes, während Breccie durch Aufschlagsprozesse entstanden. Die auf dem Mond hinterlassenen Seismometer registrieren sowohl die bei Einschlägen als auch bei inneren Prozessen entstehenden Bebenwellen, die anders als bei der Erde nicht wesentlich gedämpft werden. Demzufolge besteht die Mondkruste aus einer dicken Schicht, die aus zertrümmertem Basalt ausgebaut ist. Unmittelbar an der Oberfläche wird sie durch Regiolith bedeckt, das bei zahlreichen kleineren Einschlägen entsteht. In etwa 20 km Tiefe steigt die Geschwindigkeit der Bebenwellen plötzlich an und bleibt dann bis in eine Tiefe von 60 km nahezu konstant, um danach erneut anzuwachsen. Diese Schicht von 40 km Dicke besteht aus kompakten Material, das sich nur wenig von dem tiefer liegenden Mantel des Mondes unterscheidet. Erst in einer Tiefe von etwa 1200 km scheint sich ein geschmolzener Kern zu befinden. Im Gegensatz zur Erde ist der Mond also nur in einem kleinen Bereich seines Inneren aufgeschmolzen, darüber befindet sich ein weitgehend fester Mantel. Die Erde hingegen besteht fast vollständig aus geschmolzenem Gestein, das nur von einer dünnen Kruste bedeckt ist. Sowohl die Mondmineralien als auch die Mondoberfläche sind jedoch Zeugen, daß dies nicht immer so war.
Chemische Zusammensetzung und Gehalt der Mineralien zeigen, wann die Mondgesteine das letzte Mal geschmolzen waren, und geben Hinweise auf Druck und Temperatur während ihrer Bildung. Da die Mondoberfläche bei der Bildung großer Krater auch immer wieder umgepflügt wurde, erhält man so auch Informationen über die tieferen Gebiete der Mondkruste. Zusätzliche Hinweise auf die chemische Beschaffenheit der Mondoberfläche liefern spektroskopische Beobachtungen des von der Mondoberfläche reflektierten Sonnenlichts, das zusätzliche Absorptionslinien der auf dem Mond vorhandenen Elemente enthält. Alle Untersuchungsmethoden zeigen, daß der Mond vor etwa 4,6 Milliarden Jahren, also zur selben Zeit wie die Erde, entstand. Unmittelbar nach der Entstehung war vermutlich ein Großteil des Mondes aufgeschmolzen, so daß chemische Differentiation stattfinden konnte und sich schwerere Elemente im Mondkern anreicherten. Sicher ist jedoch, daß in der Frühzeit des Mondes zumindest die oberen 100 bis 200 km geschmolzen waren. Aus ihnen entstanden beim Abkühlen die helleren Gesteine der Terrae. Im Verlauf der folgenden 500-700 Millionen Jahre war die Mondkruste einem intensiven Bombardement durch Asteroiden ausgesetzt, welche zur Bildung großer Krater und Becken führten. In der Folgezeit kühlte die Mondoberfläche weiter ab, das Innere wurde jedoch durch den Zerfall radioaktiver Elemente immer weiter aufgeheizt. Dadurch konnte in der Zeit vor 3,9 bis 3,3 Milliarden Jahren Basalt aus dem Mantel durch Brüche und Spalten an die Mondoberfläche dringen und die Becken überfluten, so daß die heutigen Maria entstanden. Die Mondrillen geben Hinweise, daß vor etwa 3,5 Milliarden Jahren der Mond sich zusätzlich aufheizte und dabei etwas ausdehnte, danach aber wieder abkühlte und zu schrumpfen begann. Rillen und Erhebungen in den Maria folgen Spannungen im Gestein, die teilweise durch Einschläge verursacht wurden. Hebungen und Senkungen konnten damals ebenfalls stattfinden und folgten ebenfalls diesen Linien. Die Ausrichtung besonders alter Bruchsysteme bestätigt zudem, daß der Mond früher näher an der Erde stand und frei um seine Achse rotierte. Daher besaß er auch intensivere Gezeiten, welche die Bildung der Bruchsysteme beeinflußte. Erst im Lauf der Zeit führte die Gezeitenreibung zu einer gebundenen Rotation des Mondes, so daß er uns heute immer dieselbe Seite zeigt. Außerdem vergrößert sich der Abstand des Mondes immer noch mit einer Geschwindigkeit von etwa 3,3 cm pro Jahr.
Die fehlende Atmosphäre des Mondes bewirkt extreme Temperaturdifferenzen. Während des Mondmittags beträgt die Temperatur +130 °C, während der Mondnacht fällt sie auf -160 °C. Diese Differenzen bewirken eine allmähliche thermische Verwitterung der Mondoberfläche und die Bildung der Regiolite. Infrarot- und Radiobeobachtungen des Mondes zeigten, daß die Temperatur der Mondoberfläche bei Vollmond am höchsten ist. Da die solare Radiostrahlung – besonders im Bereich der Zentimeterwellen – offenbar tiefer in den Boden eindringen kann als die Infrarotstrahlung, erreicht die vom Mond kommende Radiostrahlung erst vier Tage nach Vollmond ihr Maximum. Diese Beobachtungen zeigten auch, daß im Mondinneren heiße und kalte Flecken existieren, deren Temperatur von ihrer Umgebung abweicht.
Die Geschichte der Mondoberfläche führte zu unterschiedlichen Annahmen über die Entstehung des Mondes. Ältere Vermutungen betonen die mineralogischen Unterschiede zwischen Erde und Mond: Der Mond hat eine geringere Dichte, man findet im Vergleich zur Erde mehr Mineralien mit hohem Schmelz- und Siedepunkt, aber weniger leichtflüchtige Elemente wie Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff. Diese Theorien gehen daher davon aus, daß Erde und Mond in unterschiedlichen Regionen des Sonnensystems gebildet wurden und der Mond später von der Erde eingefangen wurde. Neuere Theorien betonen eher die mineralogischen Ähnlichkeiten und versuchen eine gemeinsame Entstehungsgeschichte von Erde und Mond zu entwerfen. Demnach könnten Erde und Mond in unmittelbarer Nachbarschaft aus dem solaren Nebel entstanden sein. Der Mond wäre dann entweder aus einem eigenen Planetesimal (Planetenentstehung) entstanden oder aber aus Material, das bei der Entstehung der Erde von dieser weggeschleudert wurde. Eine weitere intensiv diskutierte Theorie beruht darauf, daß in der Frühzeit der Planetenentstehung die Protoerde durch einen riesigen Asteroiden getroffen wurde. Ein Teil der Trümmer regnete wieder auf die Erde herab und verschmolz mit dem glutflüssigen Planeten, während ein Teil der Bruchstücke den heutigen Mond bildete.
Die Mondbahn beschreibt eine Ellipse um die Erde und ist um 5° gegen die Ebene der Erdbahn geneigt. Zudem weist die Mondachse eine Präzession von etwa 18 Jahren auf (Saros-Zyklus), was zu einer Rotation der Knotenlinie der Mondbahn mit dieser Periode führt. Auswirkungen hat dies insbesondere auf die Mondfinsternisse, die sich mit derselben Periode wiederholen. Die konstante Rotation des Mondes um seine eigene Achse zusammen mit der wechselnden Entfernung von der Erde – auf Grund seiner Ellipsenbahn – führt zu einem als Libration bezeichneten Effekt. Dabei handelt es sich um eine scheinbare Schwingung des Mondes um seine Achse, durch die von der Erde aus etwas mehr als die Hälfte der Mondoberfläche sichtbar ist.
Neuere Modellrechnungen zur Stabilität des Erde-Mond-Systems legen nahe, daß die Schiefe der Erdekliptik – die Neigung des Erdäquators gegen die Bahnebene der Erde – wesentlich durch den Mond stabilisiert wird. Obwohl die Schiefe der Ekliptik sich langsam verändert, pendelt sie doch nur in einem schmalen Winkelbereich um 23,5 ° herum. Dadurch blieben auch die Jahreszeiten auf der Erde über geologische Zeiträume hinweg weitgehend konstant. Vergleiche mit anderen Planeten wie Venus, die keinen Mond besitzt, bzw. Mars, der nur von zwei kleinen Monden umkreist wird, zeigen, daß sich die Achsenneigung dieser Planeten im Laufe von einigen Millionen Jahren drastisch ändern können. Die Änderungen folgen keinem bestimmten periodischen Muster, sondern sind eher chaotisch.
Mond 1: a) Bewegung von Erde und Mond in bezug auf die Sonne (in rückwärtiger Verlängerung der Pfeile) während 2 Monaten. b) Ausschnitt von a (1 Monat), vergrößert dargestellt. Zu beachten ist, daß die Mondbahn jederzeit konvex ist.
Mond 2: Die Mondbahn ist gegen die Ekliptik um
geneigt. Die Mondknoten bewegen sich auf der Ekliptik um
pro Jahr rückwärts, während die Apsidenlinie (die Perigäum und Apogäum verbindet) sich mit einer Periode von 8,85 Jahren in der entgegengesetzten Richtung dreht.
Mond 3: Bild der Mondrückseite mit dem Krater Tsiolkowsky, aufgenommen von der Raumsonde Galileo.
Mond 4: Anzeichen für Wassereis auf dem Mond. Auf Grund der Mondbahn und eines größeren Kraters befindet sich der Südpol des Mondes in einem Gebiet permanenter Dunkelheit, wodurch die Temperaturen bei -220° C liegen. Von dieser Region reflektierte Radiowellen zeigten dieselben Reflexionseigenschaften wie Eis, das vermutlich im Laufe langer Zeiträume durch Asteroiden auf den Mond gelangte. (Mit freundl. Genehmigung von PSR Discoveries, USGS Flagstaff and Lunar and Planetary Institute, Houston)
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