Lexikon der Psychologie: Burnout
Burnout, Ausbrennen, ein Phänomen, das häufig bei Personen auftritt, die zu Berufsbeginn sehr engagiert sind, im Laufe ihrer Tätigkeit jedoch zunehmend unter Erschöpfungszuständen leiden und eine zunehmend distanzierte Einstellung zu ihrer Klientel entwickeln. Diese Beeinträchtigung des Empfindens wurde zuerst besonders in Beratungs-, Pflege- und Betreuungstätigkeiten festgestellt, d.h. in Arbeitsbereichen, in denen das Arbeitshandeln in der Interaktion mit Klienten und Kunden besteht. Mittlerweile tritt dieses Phänomen in vielen weiteren Tätigkeitsbereichen auf, die mit Menschen zu tun haben. Die verschiedenen wissenschaftlichen Definitionen stellen entweder stärker die Persönlichkeit des Helfers, die arbeitsorganisatorischen Bedingungen oder aber geamtgesellschaftliche Prozesse in den Vordergrund. "Emotionale Erschöpfung", "Depersonalisation" und "reduzierte persönliche Erfüllung und Leistungsfähigkeit" sind drei Facetten des Burnout; Einstellungs- und Verhaltenssymptome sind negative Einstellungen, Ermüdung, Frustration, Hilflosigkeit und Zurückgezogenheit. Burnout wird als Resultat eines Prozesses definiert, der sich aus Arbeitsbelastungen, Streß (Streßbewältigung) und psychologischer Anpassung zusammensetzt. Dieser Zustand entwickelt sich langsam, über einen Zeitraum von andauerndem Streß und Energieeinsatz. Burnout kann sich ausschließlich auf das Berufsleben beziehen, aber auch aus einer Überbelastung im Versuch des Bestrebens nach Vereinbarung von privaten und beruflichen Zielen resultieren.
Zwölf Phasen des Burnout im Burnout-Zyklus werden von Freudenberger und North (1992) beschrieben, wobei diese Stadien nicht immer genau in dieser Reihenfolge auftreten. Häufiger Einstiegsfaktor in den Burnout-Zyklus ist übertriebener Ehrgeiz. Der Wunsch, sich zu beweisen, verwandelt sich in Zwang und Verbissenheit (Stadium 1). Um den sich selbst gesetzten, hohen Anforderungen zu genügen, wird der Einsatz gesteigert (Stadium 2). Angesichts dieser Einsatzbereitschaft kommt die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse immer mehr zu kurz (Stadium 3). Der Betroffene wird sich dieser Konflikte bewußt, beginnt sie jedoch zu verdrängen (Stadium 4). Die nichtberuflichen Bedürfnisse verlieren weiter an Bedeutung, für sie kann keine Zeit mehr aufgebracht werden (Stadium 5). Dieser Verzicht wird häufig gar nicht mehr wahrgenommen, die Überarbeitung und Überlastung zunehmend verleugnet. Intoleranz und abnehmende Flexibilität prägen zunehmend das Denken und Verhalten (Stadium 6). Orientierungslosigkeit stellt sich ein, kann aber verdeckt sein durch eine zynische, nach außen scheinbar unveränderte Haltung (Stadium 7).
In der weiteren Phase des Burnout-Zyklus werden Verhaltensänderungen unübersehbar, wie etwa die Abwehrhaltunggegenüber Kritik, der zunehmende emotionale Rückzug vom Arbeitsgeschehen, das Fehlen von Flexibilität (Stadium 8). Folge davon kann ein Wahnehmungsverlust der eigenen Person sein, frühere Bedürfnisse werden nicht mehr erkannt (Stadium 9). Man fühlt sich nutzlos, Angstgefühle oder Suchtverhalten treten auf (Stadium 10). Zunehmende Sinnlosigkeit und Desinteresse prägen die letzten Stadien, Initiative und Motivation sind auf dem Nullpunkt angelangt (Stadium 11). Den absoluten Endpunkt bildet die totale Erschöpfung, die lebensbedrohend sein kann (Stadium 12).
Beim Entstehen des Burnout fehlen die subjektiv wahrgenommenen Möglichkeiten, die Situation zu verändern bzw. ihr entrinnen zu können. Dabei spielen auch Persönlichkeitsmerkmale (z.B. Streben nach Professionalität und hoher Leistungswille) eine Rolle. Gerade weil Burnout vor allem leistungsfähige und ehrgeizige Mitarbeiter trifft und dieses positiv bewertete Verhalten in den Anfangsphasen des Burnout dominiert, ist das schleichende Abgleiten eines Menschen in den Burnout oft nicht erkennbar. Ein entsprechend verantwortungsvolles Führungsverhalten (z.B. Feedback, Mitarbeitergespräche, realistische und erreichbare Zielsetzungen) kann zur Verhinderung von Burnout beitragen.
Ein Arbeitsmodell von Cordes und Dougherty (1993) postuliert persönliche Stressoren wie hohe Leistungserwartungen, hohe Erwartungen von seiten des Unternehmens und eine hohe Involviertheit in die Arbeit sowie Arbeits- und Organisationsstressoren wie Rollenkonflikt, Rollenüberlastung und die Häufigkeit, Länge und Intensität zwischenmenschlicher Kontakte. Beide Dimensionen beeinflussen die emotionale Erschöpfung, die Depersonalisation und das Gefühl, persönlich nichts mehr zu leisten.
Die Interventionsmaßnahmen können sich sowohl auf die Person als auch auf die Organisation beziehen. Organisationen sollten ein angemessenens Betreuungsverhältnis garantieren, Zeit zum Ausspannen, abwechslungsreiche Tätigkeiten und Stärkung von sozialen Unterstützungssystemen bieten. Personenbezogene Maßnahmen wären die Verbesserung der Berufsqualifikation, Supervision und die Stärkung individueller Ressourcen (z.B. Streßbewältigung).
E.S.
Literatur
Cordes, C.L. & Dougherty, T. W. (1993). A review and integration of research on job burnout. Academy ofManagement Review, 18, 621-656.
Freudenberger, H. & Noth, G. (1992). Burn-out bei Frauen. Frankfurt: Krüger.
Frieling, E. & Sonntag, K.(1999). Lehrbuch Arbeitspsychologie. Bern: Huber.
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