Lexikon der Psychologie: Kooperation
Kooperation, Kooperation wurde innerhalb der Psychologie vorwiegend von der Sozialpsychologie untersucht, wobei das Gefangenendilemma eine häufig untersuchte experimentelle Spielsituation, das zentrale Forschungsparadigma darstellt. Das Gefangenendilemma gilt auch als Prototyp eines sozialen Dilemmas, in dem kurzfristige Eigeninteressen über langfristige allgemeine Interessen gestellt werden. Dabei zeigte sich in diesen zahlreichen Experimenten der Einfluß sozialer Orientierung auf das Verhalten.
Der klassische Ansatz von Deutsch (1949) betrachtet Kooperation als soziale Beziehung, die zwischen den Zielen der Akteure in einer bestimmten sozialen Situation existiert. Dabei wird in kooperative und wettbewerbsorientierte Situationen unterschieden. In der kooperativen Situation sind die Ziele der Akteure positiv zueinander bezogen, während sie in der wettbewerbsorientierten Situation in einem negativen Zusammenhang zueinander stehen.
Kooperation unterscheidet sich von der bloßen Koordination durch das bewußte und planvolle Herangehen bei der Zusammenarbeit sowie durch Prozesse der gegenseitigen Abstimmung. Geeignete Formen der Kooperation erzeugen eine größere Anforderungsvielfalt und mehr Möglichkeiten der Entscheidung. In Kooperationen ebenso wie bei erfolgreichem individuellem Handeln ist Orientierung, überlegte Zielsetzung, das Ableiten von Maßnahmen und die Verarbeitung von Rückmeldungen wichtig (Hacker, 1998, S. 157).
Hacker (1998) unterscheidet zwei verschiedene Auswirkungen von Kooperationen auf die Leistungen und das Erleben: die sozial kollektiven Wirkungen, die es im Rahmen einer Gruppe gibt wie z.B. wechselseitige Hilfsmöglichkeiten und individuell kognitive und motivationale Wirkungen. Eine wesentliche Funktion von erfolgreicher Kooperation besteht in der Erzeugung emotional positiver Effekte, die auch zu interpersonaler Anziehung zwischen denjenigen, die miteinander kooperieren führt. Andererseits kann aktive Kooperation ein großes Maß an Aufwendungen beinhalten, die mitunter auch als Belastungen erlebt werden.
Eine kooperative Situation setzt ein gewisses Maß an Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der beteiligten Partner voraus, wobei das in einer Kooperation gegebene Beziehungsverhältnis der Interaktionspartner auch durch gegenseitige Abhängigkeit im Zuge der Zielerreichung gekennzeichnet ist.
Kooperation gilt zudem auch als eine sozialethische Norm. Werte haben für die Kooperation eine große Bedeutung, wobei besonders von sozialen Werten angenommen wird, daß sie kooperatives Verhalten mitbeeinflussen (Spieß, 1998). Häufig wird auch das Konzept des Vertrauensmit dem der Kooperation verbunden. Dabei kann Vertrauen sowohl als Persönlichkeitsvariable aufgefaßt werden, als auch als Zustand, der durch verschiedene Stimuli hervorgerufen wird. Z.B. gibt es strukturelle Bedingungen, die Vertrauen fördern oder behindern können.
Für das Gelingen von Kooperation bedarf es Möglichkeiten der Zielabstimmung und des Informationsaustausches, wechselseitiger Kommunikationen und gegenseitiger Unterstützung, konstruktiver Problemdiskussionen und einer längeren Zeitperspektive, in der die Form der Kooperation erprobt wird und sich das Vertrauen in den jeweiligen Kooperationspartner entwickeln kann (Tjosvold, 1988; Spieß, 1998).
Psychologische bzw. subjektive Determinanten der Kooperation in Organisationen sind z.B. Werthaltungen, Einstellungen, Erwartungen und Vertrauen, objektive Bedingungen sind z.B. die Struktur der Organisation, Führung oder die Kultur einer Organisation. Kooperation besteht hier in dem Versuch der gemeinsamen Zielerreichung, in der Koordination der Mitarbeiter untereinander und in dem Umgang mit Schnittstellenproblematiken. Für die optimale Organisationsform von kooperativer Arbeit sind Freiheitsgrade für die Selbstorganisation wichtig, doch ebenso bedeutsam sind die Entlohnungsformen (Hacker, 1998). Kooperation kann formal durch vertragliche Verpflichtungen und Kontrollstrukturen, Hierarchien und Regeln, strukturiert sein. Andererseits gibt es auch informelle Kooperation, wobei informelle Kulturen und Systeme das Verhalten der Mitglieder beeinflussen. Formale Kooperation kann sich über die Zeit in informelle Kooperation verändern, wobei Regeln nicht mehr nötig sind.
E.S.
Literatur
Bierhoff, H. W. (1998). Sozialpsychologie: ein Lehrbuch. Stuttgart: Kohlhammer.
Deutsch, M. (1949). A theory of cooperation and competition. Human Relations, 2, 129-151.
Hacker, W. (1998). Arbeitspsychologie. Bern: Huber.
Spieß, E. (1998). (Hrsg.). Formen der Kooperation – Bedingungen und Perspektiven. Göttingen: Hogrefe.
Tjosvold, D. (1984). Cooperation theory and organizations. Human Relations, 37, 743-767.
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