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News: 'Steinreich' durch Bakterien

Möglicherweise spielen Bakterien eine Rolle bei der Entstehung von Nierensteinen. Forscher aus Finnland konnten in ihnen Bakterien nachweisen, die Mineralien produziert. Der Laborversuch zeigte, daß sich diese erst seit kurzem bekannten Organismen in eine mehrere Mikrometer dicke Schicht aus anorganischen Substanzen hüllen.
Die nachgewiesenen Bakterien heißen aufgrund ihres geringen Durchmessers von 0,2 – 0,5 µm Nanobakterien. Sie sind die kleinsten bisher bekannten Lebewesen. Der Biochemiker Olavi Kajander von der University of Kuopio entdeckte sie vor mehr als zehn Jahren in Kulturen von Säugetierzellen. Da sie auch im menschlichen Blut nachgewiesen werden können, haben sie unter Umständen Bedeutung für verschiedene Erkrankungen, die mit der Ablagerung von Calcium einhergehen. Hierzu zählen nicht nur seltene Krankheiten wie Sklerodermie oder Aortenklappensklerose, sondern auch die Arteriosklerose und Nierensteine.

In der Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Science vom 7. Juli 1998 wurde nun eine Untersuchung von Kajander und und seinem Kollegen Neva Çiftçioglu von der University of Kuopio veröffentlicht. Die beiden Wissenschaftler konnten in jedem der 30 untersuchten Nierensteine Nanobakterien in unterschiedlichen Konzentrationen nachweisen. Weiterhin zeigten sie, daß die Bakterien Apatit produzieren, wenn sie im Labor in einem Medium gehalten werden, das Gewebsflüssigkeit oder Urinfiltrat entspricht. Apatit ist ein Mineral aus Calcium-Phosphat und stellt einen Hauptbestandteil von Nierensteinen und anderen Ablagerungen in Zellgewebe dar. Es unterscheidet sich aber von den Calciumanteilen in den Knochen und Zähnen.

Die Apatit-Kristalle bilden eine harte Schale um die Bakterien herum und schützen sie vor schädigenden Einflüssen. Elektronenmikroskopisch zeigen Nanobakterien mit ihrer kristallinen Hülle große Ähnlichkeit mit Nierensteinen. Kajander und Çiftçioglu vermuten, daß Nanobakterien den Ausgangspunkt von Nierensteinen bilden könnten – sie würden als Kristallisationskeim dienen. Diese Hypothese wird auch durch die Tatsache unterstützt, daß Nanobakterien vom Blut in den Urin transportiert werden. Im Blut kommen verschiedene Proteine vor, welche die Bildung von Apatit-Kristallen verhindern können. Aber sobald die Nanobakterien den Blutstrom verlassen und sich in Körpergewebe angesiedelt haben, könnten sie die entsprechenden Minerale produzieren und sich mit einer Schale umgeben.

Etwa fünf Prozent der Bevölkerung sind von Nierensteinen betroffen. Diese bestehen in vier Fünftel der Fälle aus Calciumphosphat und Calciumoxalat. Verantwortlich für ihre Entstehung werden bislang verschiedene Faktoren gemacht wie zum Beispiel eine Übersättigung des Urins mit steinbildenden Substanzen.

Weitere Studien müssen durchgeführt werden, um zu zeigen, inwieweit Nanobakterien an der Entstehung von Nierensteinen beteiligt sind. Selbst wenn sie nicht ihre primäre Ursache sein sollten, sind sie möglicherweise ein Co-Faktor, der das Auftreten von Calcium-Ablagerungen begünstigt. Daher ist in Zukunft auch eine antibiotische Therapie gegen Nanobakterien denkbar, um beispielsweise Nierensteine zu verhindern.

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