News: Dem Herzen wieder auf die Beine helfen
Um den Verlust der Herzmuskelzellen zumindest teilweise auszugleichen, wollen Doris Taylor vom Duke University Medical Center und ihr Team Zellen der Skelettmuskulatur, sogenannte Myoblasten (Muskelvorläuferzellen), nutzen. Diese wollen sie dem Patienten entnehmen, im Labor vermehren und ihm dann mit einem Katheter in das Herz injizieren. "Selbst wenn die Zellen die Kontraktion nur um zehn bis 15 Prozent steigern, bedeutet dies einen deutlichen Unterschied in der Lebensqualität der Patienten", sagt sie. Zunächst sollen die Myoblasten das Herz nur so lange unterstützen, bis ein geeignetes Spenderherz gefunden ist. Anhand des alten Organs können die Wissenschaftler dann erkennen, ob ihre Technik bei Menschen ebenso gut funktioniert wie im Tierversuch.
Ihre bisherigen Experimente haben die Forscher an Kaninchen durchgeführt, die wie Menschen einen Herzinfarkt bekommen können. In die geschädigten Herzen von zwölf Kaninchen injizierten die Wissenschaftler zehn Millionen Zellen der Skelettmuskulatur (Nature Medicine vom August 1998). Bei sieben Tieren nisteten die neuen Zellen sich ein und begannen, sich zu strecken und zu kontrahieren. Im Vergleich zu unbehandelten Kaninchen stieg die Kontraktionsfähigkeit der Herzen um 34 bis 100 Prozent. Untersuchungen des Gewebes nach drei oder sechs Wochen zeigte, daß die Skelettmuskelzellen in ihrer Erscheinung an Herzmuskelzellen erinnerten. Außerdem waren die Herzen weniger steif als bei unbehandelten Kontrolltieren.
Bei den fünf Kaninchen, deren Zustand sich nicht gebessert hatte, zerstörte vermutlich das Immunsystem die injizierten Muskelzellen. Nach Taylors Ansicht ist das ein ganz natürlicher Vorgang. Die Immunzellen entfernten die toten Herzzellen und bekämpften dabei gleich die Skelettmuskelzellen mit. In den folgenden Versuchen wollen die Forscher darum mit der Injektion warten, bis die Reaktion des Immunsystems abgeklungen ist. Bei der Anwendung am Menschen können zudem entzündungshemmende Stoffe verabreicht werden, um den Muskelzellen den Start zu erleichtern.
Zusammen mit ihrem Team möchte Taylor schon im nächsten Jahr erste Therapieversuche mit menschlichen Patienten machen, die schwere Herzschäden haben und auf eine Transplantation warten.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 30.7.1998
"Auch gebrochene Herzen können heilen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Brennpunkt-Thema vom 14.7.1998
"Der Joker aus der Petrischale"
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