News: Den Steckbrief aushängen
Wissenschaftler haben das Immunsystem mit einer Impfung dazu angeregt, bösartige Tumore - Sarkome und Mammakarzinome - bei Mäusen erfolgreich zu bekämpfen. Zudem verhinderte die Immunisierung auch die Entwicklung neuer Tumore. Die Forscher benutzten einen Impfstoff aus dendritischen Zellen - spezialisierten weißen Blutkörperchen - die mit Proteinen von Krebszellen "gespickt" waren. Aufgrund dieser Ergebnisse begannen erste klinische Tests an Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren.
James J. Mulé vom Comprehensive Cancer Center der University of Michigan Medical School und seine Kollegen Ryan C. Fields und Koichi Shimizu von der University of Michigan benutzten unausgereifte dendritische Zellen aus dem Knochenmark als Ausgangsmaterial für ihren Impfstoff. Sie entschieden sich für frühe, undifferenzierte Stadien der interdigitierenden reticulären Zellen, da diese sich leichter dafür sensibilisieren lassen, auf die spezifischen Tumorantigene eines Individuums zu reagieren. Dendritische Zellen machen das Immunsystem normalerweise auf Fremdkörper wie Viren aufmerksam. Stoßen sie auf Eindringlinge, lösen die Zellen Alarm aus, indem sie die Antigene an langen Auswüchsen ihres Zellkörpers zur Schau stellen, bis sich T-Lymphozyten – andere weiße Blutkörperchen – finden, deren Rezeptoren zu dem dargebotenen Antigen passen. Ist ein entsprechender Rezeptor gefunden, produzieren die T-Lymphozyten chemische Botenstoffe. Mit diesen stimulieren sie ihre eigene Teilung, so daß immer mehr T-Lymphozyten mit immer besser passenden Rezeptoren produziert werden, die den Eindringling attackieren.
Mulé und seine Mitarbeiter behandelten die dendritischen Zellen mit einem Lysat aus Tumorzellen – Krebszellen, die sie mehrere Male eingefroren und wieder aufgetaut hatten, bis die Zellen sicher abgetötet waren. Nach der Behandlung präsentierten die dendritischen Zellen Stücke der Tumorproteine als Antigene an ihren Fortsätzen. Dadurch initiierten sie eine heftige, gegen die spezifischen Proteine des Tumors gerichtete Immunantwort der CD4 und CD8 T-Lymphozyten. Entfernten die Forscher die CD8 T-Lymphozyten, blieb die Immunreaktion ganz aus, entnahmen sie die CD4 T-Lymphozyten, war sie stark vermindert.
Die Wissenschaftler konnten im Reagenzglas mit dem Impfstoff 70 Prozent der lebenden Sarkomzellen abtöten, die sie zu einer Mischung aus T-Lymphozyten und dendritischen Zellen gaben, welche mit dem entsprechenden Lysat sensibilisiert worden waren. Spritzten sie Mäusen diesen Impfstoff und gaben ihnen dann letale Dosen lebender Sarkomzellen, blieben die Tiere über mehr als 100 Tage tumorfrei. Lungenmetastasen wurden um 90 Prozent reduziert, wenn befallene Mäuse mit einem spezifischen Impfstoff aus dendritischen Zellen behandelt wurden (Proceedings of the National Academy of Science vom 4. August, Abstract).
Das Immunsystem hat oft Probleme, Krebszellen zu erkennen, da die fremden Proteine zum größten Teil im Zellinneren vorliegen und nur wenige an der Oberfläche präsent sind. So versteckt, entdeckt die Körperabwehr sie häufig nicht. Da dendritische Zellen eine ungewöhnlich heftige Immunantwort auslösen, kann der Körper mit ihrer Hilfe auch Tumore bekämpfen, die er sonst übersehen würde.
Andere Wissenschaftler arbeiten in ihren Experimenten mit Anti-Tumor-Impfstoffen, die sie aus einzelnen Peptiden eines Tumors – wenigen, miteinander verbundenen Aminosäuren – und dendritischen Zellen herstellen. Mulé und seine Mitarbeiter benutzten als erste Lysate aus ganzen Tumoren. Durch den Gebrauch der vollständigen Tumorzellen sensibilisierten sie das Immunsystem, auf alle Antigene eines Tumors zu reagieren, nicht nur auf ein oder zwei Peptide, erklärt Mulé. Eine breiter gefächerte Immunantwort macht es für die Tumorzellen schwieriger zu entkommen.
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