Direkt zum Inhalt

News: Mond-Meere

Die Galileischen Satelliten des Jupiter geben den Astronomen immer wieder Rätsel auf. Die neuesten Daten von der Raumsonde Galileo, welche den Jupiter umkreist, lassen Wissenschaftler vermuten, daß sich auf zweien davon vielleicht Ozeane unter der Oberfläche befinden könnten.
Als Galileo im Jahre 1610 sein primitives Teleskop auf den Planeten Jupiter richtete, war er möglicherweise überrascht, daß der riesige Planet von vier kleinen Lichtquellen begleitet war. Diese wurden zu seinen Ehren Galileische Satelliten getauft. Heute wissen wir, daß Jupiter ein großes Gefolge von Monden sowie ein Ringsystem besitzt. Allerdings sind die meisten Monde kleine, eher langweilige Felsbrocken.

Die Galileischen Satelliten sind jedoch so groß wie kleine Planeten, und sie enthalten eine Fülle interessanter Dinge. Die Voyager-Weltraummissionen der späten 70er Jahre zeigten, daß jeder der vier eine Welt für sich darstellt. Das narbige Gesicht des aktiven, vulkanischen Io, der dem Jupiter am nächsten ist, unterscheidet sich dramatisch von dem eisigen, billiardkugelglatten Europa, der dem riesigen Planeten am zweitnächsten liegt. Weiter draußen befindet sich der viel planetenähnlichere Ganymed – größer als der Planet Merkur, und der größte planetarische Satellit im Sonnensystem – und der kraterübersäte Callisto, der zweitgrößte Galileische Satellit.

Die Sonde Galileo umkreist den Jupiter seit dem 7. Dezember 1995, und setzt die Untersuchung der galileischen Satelliten dort fort, wo die Voyager-Mission aufgehört hat. Sie liefert immer weitere Überraschungen. Die jüngste erscheint in einem Bericht in Nature vom 22. Oktober 1998, in dem K. K. Khurana von der University of California, Los Angeles, und seine Kollegen Hinweise darauf präsentieren, daß die eisigen Krusten von Europa und Callisto unterirdische Ozeane flüssigen Wassers verbergen könnten.

Daß ein derartiger Ozean auf Europa existiert, wurde seit geraumer Zeit vermutet: Es befinden sich eisbergähnliche Bruchflächen auf einer Oberfläche, die sich ständig erneuert, und es sind kaum Krater vorhanden. Niemand hat jedoch vermutet, daß Callisto mit seiner alten, kraterübersäten Oberfläche, einen unterirdischen Ozean besitzen könnte: "Die Möglichkeit eines Ozeans aus flüssigem Wasser auf Callisto ist verblüffend", geben die Forscher zu – aber sie haben keine andere Erklärung für ihre Daten.

Angesichts dieser Ergebnisse kann die Existenz eines unterirdischen Ozeans auf Ganymed nicht ausgeschlossen werden. Die Hinweise stammen aus Magnetfelddaten. Jeder ausreichend große Körper im Sonnensystem – größer als ein paar hundert Kilometer im Durchmesser – macht einen Prozeß der 'Differenzierung' durch. Das heißt, er besitzt eine Masse, die groß genug ist, damit dichtere Bestandteile, wie Metalle, zum Zentrum des Körpers wandern und einen Kern bilden können. Weniger dichte Materialien (wie Felsen und Eis) bilden auf diese Art einen Mantel. Prozesse der Wärmeübertragung und des radioaktiven Zerfalls erzeugen dann Kräfte, wie die Mantelkonvektion und Phänomene, die der Plattentektonik ähnlich sind, welche man auf der Erde beobachtet. Ganymed ist ein solcher differenzierter Körper, und er besitzt, genau wie die Erde, sein eigenes Magnetfeld.

Die Satelliten des Jupiter befinden sich in einer sehr speziellen Situation, da sie sozusagen in der Schwerkraft ihres eigenen Elternplaneten gefangen sind, der ebenfalls ein großes eigenes Magnetfeld besitzt. Io und Europa sind eher klein – in ihrer Größe vergleichbar mit unserem Mond, und kleiner als Ganymed. Im Gegensatz zu unserem toten Mond scheinen sie geologisch sehr aktiv zu sein. Gezeitenkräfte bearbeiten diese Körper, so daß Io, der dem Jupiter am nächsten liegt, vulkanisch aktiv ist, und Europa flüssiges Wasser besitzten könnte, zumindest unter einer oberflächlichen Eiskruste. Callisto ist allerdings weiter entfernt vom Jupiter und gilt gewöhnlich als mehr oder weniger undifferenzierter Eis- und Felsklumpen, wie die meisten Körper im äußeren Sonnensystem.

Khurana und Kollegen zeigen, daß der Magnetometer an Bord der Galileo-Sonde Signale registrierte, als er an Europa und Callisto vorbeiflog, obwohl keine erwartet wurden – weil nach der bisherigen Vorstellung keiner dieser Körper eigentlich ein Magnetfeld besitzt. Die Forscher glauben, daß der Magnetismus von Europa und Callisto nicht inhärent ist, sondern durch das Passieren des größeren Feldes des Jupiters hervorgerufen wird. Dazu müßten Europa und Callisto eine Schicht elektrisch leitender Flüssigkeiten aufweisen. Salziges Wasser würde den Ansprüchen genügen – insbesondere Wasser, das auf einen unterirdischen mondumspannenden Ozean beschränkt ist.

Obwohl dies für Europa erwartet wird, wäre es für Callisto ziemlich ungewöhnlich, angesichts seines relativen Mangels an Differenzierung (im Vergleich zu Ganymed) und einer Entfernung vom Jupiter, die eine große Gezeitenerwärmung ausschließen würde. Allerdings können die Daten auf keine andere Weise erklärt werden. Die Forscher glauben, daß Ganymed ebenfalls einen unterirdischen Ozean besitzen könnte, aber dies wäre durch Magnetfelddaten schwer zu erklären, da jedes induzierte Feld durch das eigene Feld des Satelliten überlagert würde.

Die Galileischen Satelliten scheinen also noch genauso viele Überraschungen für uns in Petto zu haben, wie zu Galileos Zeit.

Siehe auch

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.