News: Schon vorbei
Acht Monate später erreicht die Erde jenen Kreuzungspunkt der Umlaufbahnen und tritt auf den langen Teilchenanhang von "Temple-Tuttle". "Wenn die 0,2 bis etwa zwei Millimeter großen Körnchen auf die Atmosphäre treffen, sind sie als eine immense Zahl an Sternschnuppen zu sehen", berichtet Alexandre Wennmacher, Astronom und Physiker am Institut für Geophysik und Meteorologie der Universität zu Köln. "Wir passieren dann einen Bereich, wo die etwa 100 Millionen Kilometer lange Meteoritenwolke des Kometen selbst nach acht Monaten noch in der Flugbahn der Erde liegt."
Neben dem in vielen Teilen der Welt bewunderten Naturereignis besitzen die Leoniden jedoch auch eine wissenschaftliche Bedeutung. "An erster Stelle interessiert uns, woraus die Partikel bestehen", so Wennmacher. Um dem Sternenstaub auf die Schliche zu kommen, legten Kosmonauten an Bord der Russischen Raumstation "Mir" regelrechte Fangfallen für die Teilchen aus. Darin werden Körner abgebremst und später am Boden analysiert.
Aus diesen Daten erhoffen sich die Wissenschaftler weiteren Aufschluß über jene Stoffe, die einst die Grundlage für Sonne und Planeten bildeten. "Der Komet konnte sich lange Zeit weit außerhalb der Neptunbahn halten und wurde nicht von der Sonne erwärmt", erklärt der Astronom. Daher trage "Temple-Tuttle" noch heute das Material in sich, aus dem vor etwa 4,5 Millionen Jahren das Sonnensystem entstand.
In diesem Jahr trat der erwartete Sternschnuppenregen jedoch nach Angaben des Max-Planck-Instituts für Astronomie schon 16 Stunden früher als erwartet auf. Bereits am Dienstag um fünf Uhr früh wurden über dem Pazifik 2000 Sternstunden pro Stunde gezählt. "Man sieht, daß die Natur den Fachleuten auch noch ein Schnippchen schlagen kann", meint dazu Otto Guthier von der Vereinigung der Sternfreunde. In der Nacht zu Mittwoch blieb dann der erwartete Sternschnuppenregen aus.
Für Beobachter in Europa ist dies eine Warnung, nicht zu große Ansprüche an den November 1999 zu stellen, wenn laut Vorhersage die Leoniden noch einmal zu einem wahren Feuerwerk am Nachthimmel ansetzen. Denn: Diese Ansagen sind wie immer ohne Gewähr.
Siehe auch
- Spektrum Brennpunkt-Thema vom 10.11.1998
"Am Rande des Meteorensturms"
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