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News: Der Feind klopft an

Langwierige und lästige Harnwegsinfektionen können jetzt Mikrobiologen der Jenaer Universität besser erklären. Sie untersuchen, wie das Bakterium Escherichia (E.) coli nicht nur auf den Zellen des Harntrakts siedeln kann, sondern in die Zellen aufgenommen wird.
Es verursacht über 80 Prozent aller Harnwegsinfekte und kann bei einigen Patienten sogar zur Blutvergiftung führen. Das Team um Eberhard Straube vom Institut für Medizinische Mikrobiologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat jetzt nachgewiesen, daß E. coli einen zelleigenen Kommunikationsweg anschaltet. Dieses Signal verändert die Zelle so, daß sie freiwillig den Keim in ihr Inneres einschleust. Durch dieses Wissen hoffen die Mediziner, langfristig den Schlüssel für eine gezielte Therapie in die Hand zu bekommen, die sich nicht direkt gegen den Keim richtet, sondern den Infektionsmechanismus ausschaltet.

E. Coli-Bakterien, die speziell Harnwegsinfekte auslösen, leben häufig in der normalen Darmflora. Werden sie ausgeschieden, können die Keime über die Harnröhre in die Blase und schließlich bis ins Nierenbecken wandern. Dort sucht sich das Bakterium eine Schleimhautzelle und dockt mit seinen Greifärmchen an der Zelloberfläche an. Auf den Greifern sitzen Adhäsine, spezielle Eiweiße, die für einen besonders engen Kontakt mit der Zelle sorgen. Kaum klebt der Keim dort fest, wird das zelleigene Informationsnetz angeschaltet, und das Zellskelett verändert sich. Als Folge davon stülpt die Zelle eine Hülle um das Bakterium und nimmt es in ihr Inneres auf. Diesen Vorgang, durch den sich sonst nur Freßzellen Eindringlinge einverleiben, konnte Straube auch an Harnwegskeimen nachweisen.

Ist der Keim erst einmal im Zellinneren angekommen, bleiben drei Wege: entweder kann die Zelle sich selbst töten, wobei auch die Bakterien beseitigt werden, oder das Bakterium hindert die infizierte Zelle daran. Wahrscheinlich aber durchwandert E. coli die Zelle und gelangt dadurch auch in die Nachbarzellen und in andere Körpergewebe als nur den Harntrakt", erläutert Straube. Dadurch hätte der Keim Anschluß an Blutgefäße und könne bis zur Blutvergiftung führen.

Wenn die Signalübertragung nach dem Andocken von E.coli bis ins letzte Detail bekannt ist, werden die Mikrobiologen gemeinsam mit anderen Jenaer Forschern einen "kommunikationstechnischen Trick" probieren: Sie wollen Substanzen suchen, um den zelleigenen Kommunikationsweg an verschiedenen Schlüsselstellen zu unterbrechen. Gelingt es ihnen, solche Stoffe zu finden, dann bräuchten Ärzte bei ihren Patienten mit Harnwegsinfekten künftig weniger Antibiotika und könnten die Zellen des Harntraktes besser vor wiederholten Infektionen mit E. coli schützen.

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