News: Mit Kopf und Fuß
Die Geschichte seiner Entdeckung könnte glatt aus einem Kriminalstück stammen. Wie Ron Clarke, Paläoanthropologe an der University of the WitwatersrandMedical School in Johannesburg, berichtet, fand er die ersten Hinweise auf das Skelett im Jahre 1994. Damals identifizierte er einige hominide Fußknochen in einer Sammlung fossiler Überreste von Tieren, die aus den Sterkfontein-Höhlen nahe Johannesburg ausgegraben wurden. Letztes Jahr fand er dann – in einem Lagerraum für Ausgrabungen an der Universität – einige Knochenfragmente von unteren Beinteilen, zu den Fußknochen paßten.
Clarke war überzeugt, daß das restliche Skelett noch in der entsprechenden Sterkfontein-Höhle sein müßte und beauftragte zwei Assistenten, in der Silberberg-Grotte sozusagen nach der "Nadel im Heuhaufen" zu suchen. In nur zwei Wochen fanden die Forscher ein Teil eines Beinknochens, das genau zu dem zuvor entdeckten Fragment paßte. Das Team stieß schließlich auf weitere Knochen sowie einen Schädel mit Zähnen und Kieferknochen, der zur Zeit noch ausgegraben wird.
Clarke äußert sich nicht dazu, wo genau diese Fossilien innerhalb der menschlichen Evolution einzuordnen sind. Seinen Worten nach haben die Knochen sowohl Affen- als auch Menschenmerkmale, was nahelegt, daß dieser menschliche Vorfahr sowohl Bäume erklettern als auch aufrecht gehen konnte. In Anbetracht seiner "wuchtigen" Wangenknochen und den Anzeichen für große Kiefermuskeln, entspricht der Schädel offenbar nicht den bekannten Exemplaren der "graziöseren" Variante des Australopithecus, der als A. africanus bekannt ist. "Trotzdem scheint es sich um eine Form des Australopithecus zu handeln", schreibt Clarke in der Oktober-Ausgabe 1998 des South African Journal of Science (Abstract).
Der Fund ist "außergewöhnlich bedeutend", erklärt Bill Kimbel, wissenschaftlicher Direktor des Institute of the Human Origins an der Arizona State University in Phoenix. "Was für eine wunderbare Sache, komplette Fossilien zu erhalten – der Traum eines jeden Forschers", fügt Alan Walker von der Pennsylvania State University in University Park hinzu. Wie Walker ausführte, kann das Skelett eine ganze Reihe von Fragen lösen helfen, zum Beispiel die nach den Proportionen der Gliedmaßen, der Beziehung zwischen Gehirn- und Körpergröße, der Fortbewegung und Lebensweise usw. Bislang beruhten solche Schlußfolgerungen nur auf Fragmenten von verschiedenen Exemplaren.
Siehe auch
- Spektrum der Wissenschaft 1/99
"Die Fußspuren von Laetoli" - Spektrum Ticker vom 8.3.1998
"Der Stammbaum wackelt "
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 12.6.1998
"Mr. Ples verwirrt die Wissenschaft"
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.