News: Aus für die Nadel
Das Gel ist ein Netzwerk aus Polymersträngen, die durch chemische Verbindungen miteinander verknüpft sind und so eine Art unregelmäßiges, dreidimensionales Spinnennetz bilden. Die Stränge bestehen aus dem nicht-toxischen Polymer Poly(N-Isopropylacrylamid). An einigen von ihnen befestigten die Forscher chemische Gruppen, die vorbeischwimmende Glucosemoleküle erkennen und binden. Dabei werden die Gruppen negativ geladen. Wenn viel Glucose vorhanden ist, sammeln sich also auch viele Ladungen an, die sich gegenseitig abstoßen. Als Folge dehnt sich das Netz aus: Das Gel wandelt sich von einer dichten Kugel aus Polymerketten zu einer eher offenen, siebähnlichen Struktur. Stoffe, die wie dieses Gel ihre Eigenschaften als Reaktion auf einen Reiz aus der Umgebung verändern, werden häufig als "intelligent" bezeichnet.
Die Forscher machten sich dieses Anschwellen zunutze und brachten das Gel dazu, als Reaktion auf die Anwesenheit von Glucose Insulin abzugeben. In seiner geschrumpften Form kann das Netzwerk mit Insulinmolekülen aufgeladen werden, die es im Stranggewirr gefangenhält. Wenn sich das Gel später als Reaktion auf einen erhöhten Blutzuckergehalt ausdehnt, kommt das Insulin durch die Lücken im Netz ins Freie. Auf diese Weise wird es nur dann freigegeben, wenn der Zuckerkranke es braucht.
Die Wissenschaftler sind indes nicht die ersten, die intelligente Gels dazu benutzen, Insulin und andere Arzneien kontrolliert zu verabreichen. So hatten zum Beispiel die Forscher der University of Washington in Seattle bereits ein Gel entwickelt, das Insulin und das Enzym Glucoseoxidase enthält. Das Enzym "verbrennt" Glucose zu einer Säure, die mit dem Polymergel reagiert. Dadurch werden positive Ladungen auf den Strängen plaziert, das Gel schwillt an und gibt seinen Inhalt frei. Doch die Verwendung biologischer Moleküle wie Enzyme als Bestandteile einer "Verabreichungsmaschine" kann zu einem Problem führen: körpereigene Abwehrmechanismen könnten die Enzyme aufspalten, wodurch unter Umständen toxische Nebenprodukte entstehen. Überdies können diese "fremden" biologischen Komponenten durch eine Reaktion des Immunsystems im Körper des Patienten unangenehme Nebenwirkungen hervorrufen. Das Poly(N-Isopropylacrylamid)-Gel enthält dagegen keine derartigen Bestandteile, so daß derartige Probleme nicht auftreten sollten.
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