News: Licht langsamer als Tempo 100
Physiker kennen aber einen Trick, diese Absorption zu vermeiden. Der Effekt heißt "elektromagnetisch induzierte Transparenz" und kommt mit Hilfe eines Lasers zustande. Elektronen können nur Licht bestimmter Frequenzen absorbieren. Dabei springen sie von einem Energieniveau auf ein höheres. Mit dem Laser läßt sich nun eine quantenmechanische Interferenz erzeugen, welche die Elektronen daran hindert zu springen. Ein zweiter Laserstrahl mit einer Frequenz, die normalerweise absorbiert würde, kann dann das Material passieren. Ein solches Material hat einen sehr hohen Brechungsindex, bremst also das Licht sehr stark ab. Damit gelingt es schon einmal, Licht etwa 160mal langsamer zu machen.
Forscher vom Rowland Institute for Science in Cambridge, Massachusetts, haben jetzt aber das Licht auf ein zwanzigmillionstel seiner Geschwindigkeit im Vakuum gebremst (Nature, 18. Februar 1999). Dazu kühlten sie ein Gas aus Natriumatomen extrem ab, so daß seine Temperatur nur noch milliardstel Bruchteile eines Kelvins über dem absoluten Nullpunkt lag. Die Atome gehen dabei in einen seltsamen makroskopischen Quantenzustand über: das sogenannte Bose-Einstein-Kondensat. Der Effekt der indzuierten Transparenz wird durch diesen Zustand extrem verstärkt, so daß sehr hohe Brechungsindizes möglich werden. Ein Laserstrahl, der unter normalen Bedingungen 750 Meter lang war, wurde durch die plötzliche Bremsung auf 0,04 Millimeter zusammengestaucht, nachdem er in das Medium eindrang. Die Lichtgeschwindigkeit beträgt dabei nur noch 17 Meter pro Sekunde oder etwa 60 km/h. Die Physiker glauben, durch Verbesserungen des Versuchsaufbaus das Licht noch auf einige Zentimeter pro Sekunde abbremsen zu können.
Der Pionier der Bose-Einstein-Kondensation, Eric Cornell vom JILA in Boulder, Colorado, bezeichnet die Ergebnisse als "ziemlich außerordentlich". "Das war das erste Mal, daß mich die elektromagnetisch induzierte Transparenz dazu gebracht hat, Wow! zu sagen." Praktische Anwendungen dieser Effekte sind durchaus denkbar, erfordern aber Möglichkeiten, Bose-Einstein-Kondensate leichter und billiger herzustellen, als es bislang möglich ist.
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.