News: Die Tricks eines ganz gewöhnlichen Pilzes
Einige Infektionen wie Spoor bei Kindern oder Vaginitis bei Frauen verlaufen normalerweise harmlos. Candida gehört jedoch auch zu den fünf gefährlichsten Pathogenen, mit denen sich die Patienten im Krankenhaus infizieren und ist dann potentiell tödlich.
Forscher von der Ohio State University entdeckten jetzt, daß der Pilz ein bestimmtes menschliches Protein braucht, um sich an den Zellen der Mundschleimhaut festzuhaken (Science, 5. März 1999). So kamen die Wissenschaftler dem trickreichen Vorgehen von Candida auf die Spur. Er benutzt ein körpereigenes Enzym seines Wirts als "Leim", um sich an der Zelle festzuhalten und produziert extra ein Substrat für dieses Enzym.
Der Organismus vermehrt sich gewöhnlich durch Knospung. Stimmen indes die Bedingungen – wie im menschlichen Körper mit geschwächtem Immunsystem – kann Candida albicans sich auch fortpflanzen, indem er Filamente oder Hyphen bildet, die sich in Hautzellen ausbreiten und diese durchdringen.
Paula Sunstrom, Professorin für medizinische Mikrobiologie und Immunologie, konzentrierte ihre Forschungen darauf, wie diese Fädchen sich so stark an die Epithelzellen der Schleimhaut heften können, auf deren Kosten sie sich dann entwickeln.
"Wir glauben, daß der Organismus sich einfach deshalb anheftet, damit er an seinem Platz bleibt und die im Magendarmtrakt vorhandenen Flüssigkeiten ihn nicht hinfort schwemmen", erläuterte die Wissenschaftlerin. "Das invasive Verhalten dieser Filamente veranlaßte mich, damit zu beginnen, in den Candida-Fäden nach spezifischen Proteinen zu suchen."
Durch frühere Arbeiten konnte Sundstrom ein spezifisches Gen identifizieren, das ein Protein erzeugt, welches wiederum mit anderen Proteinen verbunden werden kann, als Vermittler dient dabei ein Enzym namens Transglutaminase. Das Pilzprotein agiert dabei als Substrat bzw. Anker für das Enzym, woran dieses größere, essentielle Moleküle binden kann.
Transglutaminasen sind gut bekannte Enzyme der Säugetiere, bei Pilzen kommen sie hingegen nur selten vor oder fehlen ganz. In Candida fanden die Forscher ein Protein, das sich ebenfalls mit Transglutaminase verbindet. "Wir fragten uns, warum Candida wohl ein Substrat-Protein für diese Enzyme von Säugetieren hat", sagte Sundstrom. "Es handelt sich hier um ein Pilzprotein, das ein Substrat für ein Säugetierenzym ist. Dieses Enzym ist deshalb so besonders, weil es gewissermaßen per Querverbindung Proteine miteinander verbinden kann, also zwei unterschiedliche Proteine. Das tun die meisten anderen Enzyme nicht".
Die Forscher entdeckten folgendes: Immer, wenn das Protein in den Filamenten das Enzym einsetzt, um sich mit dem Protein in den Epithelzellen zu verbinden, bildet es eine feste kovalente Bindung. Das ermöglicht die starke Adhäsions. Diese Art der kovalenten Adhäsion wurde zuvor nie bei Viren, Bakterien, Pilzen oder anderen Mikroorganismen beschrieben.
Sundstroms Gruppe benutzte einen Candidastamm, aus dem das Transglutaminase-bindende Protein entfernt worden war, und überprüfte seine Fähigkeit, sich an die Zellen der Schleimhaut des menschlichen Ohres anzuheften. Ohne das Protein verringerte sich diese Haftfähigkeit der Candida auf ein Fünftel. Gab man das Gen wieder hinzu, entstanden erneut stabile Verbindungen.
"Somit hatten wir den Beweis, daß diese äußerst festen Verbindungen zwischen den Candida-Hyphen und den Epithelzellen gebildet werden und von der Anwesenheit dieses Gen (und somit auch dessen Protein) abhängig sind", bemerkte die Wissenschaftlerin.
Die Forscher überrüften anschließend, ob diese Entdeckung wichtig für die Auslösung der eigentlichen Candida-Infektionen ist, genau wie auch die erhöhte Adhäsionsfähigkeit des Organismus. Sie injizierten hierzu einer Gruppe aus Mäusen Candida-Zellen, in denen das Protein zur Transglutaminase-Bindung intakt war, und einer anderen Mäusegruppe Candida-Stränge ohne das Protein. Die Mäuse in der ersten Gruppe wurden schnell von den Infektionen befallen, während es jenen Mäusen, die Candida ohne das Protein erhalten hatten, weitaus besser erging. Das zeigt wiederum, daß die Anwesenheit des Proteins eine wichtige Rolle für den Krankheitsverlauf spielt.
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