Direkt zum Inhalt

News: Mozart und Gameboy für gute Noten

Mit Musik geht alles besser, denken sich Eltern und schicken ihre Kinder zum Klavierunterricht. Doch eigentlich möchte der Nachwuchs viel lieber am Computer spielen. Am besten ist beides zusammen, verkünden Wissenschaftler. In einer amerikanischen Studie zeigten Kinder, die sowohl mit einem speziellen Vidoespiel trainiert haben als auch Klavierstunden bekamen, deutlich bessere Fähigkeiten beim räumlichen Denken und Bruchrechnen als Kinder, die keinen Musikunterricht hatten.
Bereits in früheren Studien hatten Gordon Shaw und seine Kollegen von der University of California in Irvine gezeigt, daß der Genuß einer Mozart-Sonate für zwei Klaviere kurzzeitig das räumliche Denkvermögen von College-Studenten verbesserte – der sogenannte "Mozart-Effekt". In den folgenden Experimenten fanden die Forscher heraus, daß bei Vorschulkindern Klavierunterricht einen ähnlichen Effekt erzielte, der aber mindestens einige Tage anhielt. In seiner neuesten Studie verglich Shaw drei Gruppen von Zweitkläßlern aus Los Angeles. 26 von ihnen erhielten Klavierstunden und trainierten mit einem neuen mathematischen Videospiel, das Fertigkeiten wie das Drehen von Formen "im Kopf" übte und visuell Verhältnisse und Brüche veranschaulichen soll. Eine andere Gruppe von 29 Teilnehmern erhielt neben dem Videospiel computergestützten Englischunterricht, und eine Kontrollgruppe aus 28 Kindern bekam gar kein spezielles Training (Neurological Research vom März 1999).

Nach vier Monaten waren die Ergebnisse den Autoren zufolge "dramatisch". Bei einem Test, der zeigen sollte, was die Kinder durch das Computerspiel gelernt hatten, schnitt die Klaviergruppe um 15 Prozent besser ab als die Englischgruppe. Bei den Fragen zur Bruchrechnung waren sie sogar um 27 Prozent erfolgreicher. Zu diesem Vorsprung kamen noch die um 36 Prozent verbesserten Leistungen im Vergleich zur untrainierten Kontrollgruppe, die alleine aufgrund des Videospiels erbracht wurden.

Nach Aussage des Wissenschaftlers stimmen die Verbesserungen mit der Theorie überein, daß das räumliche Denkvermögen und die Notwendigkeit, mehrere Schritte vorauszudenken (was beim Klavierunterricht erforderlich ist), latente neuronale Muster verstärken. Musik bedeutet nur, sich die angeborenen Möglichkeiten zu erschließen, erläutert Shaw.

Der Neurologe Michael Merzenich von der University of California in San Francisco bestätigt diese Auffassung: "Die corticale Aktivität kann in Abhängigkeit von Übungen modifiziert werden." Musik, zumindest, wenn sie von Mozart stammt, bewirkt anscheinend eine nichtspezifische Konditionierung des räumlichen Denkens im Gehirn – ähnlich wie Muskelaufbautraining allgemein gut für Athleten ist. Die Musik ist vielleicht eine "grundlegendere Fertigkeit als die Sprache", um die Fähigkeit des Hirns für räumliche und zeitliche Unterscheidungen zu verbessern, meint Merzenich.

Shaws Arbeit veranlaßte bereits ganze Heerscharen von Leitern von Kindertagesstätten in verschiedenen amerikanischen Bundesstaaten dazu, ihr Angebot um Musik und Trommelübungen zu erweitern. Obgleich es keinen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt, daß das bloße Hören von klassischer Musik die Hirnentwicklung verbessert, ist es gut für das Musikgeschäft, sagt Merzenich: "Die verkaufen jetzt eine Menge Mozart-CDs an Eltern."

Siehe auch

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.