News: Treibhausgase machen Winter wärmer und feuchter
Das Klima verschiedener Breiten wird durch ein weltumspannendes System von Luftdruckunterschieden und daraus entstehenden Winden bestimmt. Auf der nördlichen Hemisphäre spielt die arktische Oszillation eine große Rolle, die auch die bekanntere nordatlantische Oszillation umfaßt. Sie bringt im Winter kalte Luft nach Eurasien und Nordamerika. In manchen Jahren kommt es jedoch zu Temperaturschwankungen, wenn die westlichen Winde über den mittleren Breiten der nördlichen Hemisphäre besonders stark sind, da die Luft über den Meeren Wärme aufnimmt.
Ozeane speichern Wärme viel besser als Kontinente. Bei hohen Windgeschwindigkeiten gelangt so wärmere, feuchtere Luft vom Pazifik ins westliche Nordamerika und vom Atlantik nach Europa. Je stärker der Wind, desto wärmer der Winter. In anderen Jahren wird der Wind schwächer und die Winter werden wieder deutlich kälter.
In den letzten dreißig Jahren ist laut Shindell eine Tendenz zu starken Winden und Erwärmung auszumachen. Sogar während kälterer Perioden stiegen die Temperaturen um mehrere Grad. "Da der Zyklus ein natürliches Phänomen ist", so Shindell, müssen sich die Wissenschaftler fragen, "ob die zunehmende Erwärmung Teil der natürlichen Schwankung ist oder ob der Mensch für die Erwärmung verantwortlich ist."
Computergestützte Klimamodelle konnten darauf keine Antwort geben. In den Modellen kann die arktische Oszillation zwar problemlos nachgestellt werden, aber die Einbeziehung des Faktors Treibhausgase in frühere Modelle führte nicht zu einer Zunahme der warmen Perioden, wie sie seit den sechziger Jahren beobachtet wird.
Shindell und seine Kollegen entdeckten jedoch, daß höhere Konzentrationen an Treibhausgasen die spiralartigen Winde über dem Nordpol – den arktischen Polarwirbel – verstärken. Dieses wirbelartige Windsystem befindet sich in der Stratosphäre, dem Teil der Atmosphäre, der mehr als zehn Kilometer über der Erdoberfläche beginnt. Es entsteht durch den großen Temperaturunterschied zwischen den im Winter vollkommen dunklen und extrem kalten Polarregionen und den mittleren Breiten. Aufgrund der Temperaturunterschiede bildet sich ein starkes Druckgefälle, das Winde, die von Osten nach Westen wehen, in der Stratosphäre in einen spiralförmigen Strudel zwingt. Da sich die mittleren Breiten aufgrund der Treibhausgase stärker erwärmen, werden die Temperaturunterschiede größer und der arktische Polarwirbel stärker. Er zwingt die Winde von der Stratosphäre in die untere Atmosphäre. Die dabei entstehenden starken Westwinde verstärken die warmen Perioden der arktischen Oszillation.
Normalerweise beziehen Klimamodelle die Vorgänge in der Stratosphäre, einschließlich des Polarwirbels, nicht mit ein. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, daß die meisten aktuellen Modelle die Auswirkung der globalen Erwärmung nur unvollständig darstellen können. Dabei führen diese veränderten Zirkulationseffekte zu einer größeren regionalen Erwärmung im Winter.
Shindells Berechnungen sagen voraus, daß sich bei einer weiteren Zunahme der Treibhausgase die Winter in der nördlichen Hemisphäre noch weiter erwärmen werden. "In unserem Modell sehen wir sehr deutliche Anzeichen für eine globale Erwärmung, und dies ist kein natürlich vorkommendes Phänomen. Sehr wahrscheinlich hängt es mit den Treibhausgasen zusammen."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 27.11.1998
"Einflußreicher als gedacht "
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 18.2.1998
"Im Großen und im Kleinen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 11/98, Seite 80
"Das Klima der Zukunft"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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