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News: Gift für's Gedächtnis

Die Alzheimersche Krankheit ist einer der häufigsten Auslöser für Gehirnleistungsstörungen im Alter. Die Veränderungen im Gehirn der Betroffenen sind gut untersucht, die Ursache der Krankheit ist aber bis heute umstritten. Amerikanische Wissenschaftler haben nun herausgefunden, daß in den Gehirnen von Alzheimer-Patienten bei bestimmten chemischen Reaktionen das als Bleichmittel bekannte Wasserstoffperoxid entsteht, das die Gehirnzellen zerstört. Ein Eingriff in diesen Mechanismus könnte Teil einer Therapie der bisher unheilbaren Krankheit sein.
Die Alzheimersche Krankheit ist eine mit dem Alter zunehmend auftretende Störung der Gehirnleistung, die auf einer Zerstörung von Gehirnzellen beruht. Allein in Deutschland spricht man von 800 000 bis 1,2 Millionen Erkrankten, die überwiegend von Familienangehörigen gepflegt werden. In den USA steht die Alzheimersche Krankheit als Todesursache an vierter Stelle.

Über die Ursachen der Krankheit gibt es zahlreiche Theorien. Kennzeichnend ist die Ablagerung des kurzkettigen Proteins Amyloid in den Gehirnzellen, die davon regelrecht durchlöchert werden. Diese Proteinplaques stehen daher schon länger als Auslöser der Krankheit unter Verdacht, der Mechanismus ist bisher allerdings ein Rätsel.

In Biochemistry vom 15. Juni 1999 (Abstract) veröffentlichen Wissenschaftler der Harvard Medical School eine Studie, die etwas Licht in das Dunkel bringen könnte. Ashley I. Bush und seine Kollegen haben herausgefunden, daß bei der Bindung von Kupfer oder Eisen an das Amyloid beträchtliche Mengen des sehr aggressiven Oxidationsmittels Wasserstoffperoxid (H2O2) freigesetzt werden. Dieses Bleichmittel ist für die Gehirnzellen toxisch. Aus Versuchen mit synthetischem Amyloid war der Vorgang schon länger bekannt, bisher war man aber davon ausgegangen, daß die Freisetzung von H2O2 eine Folge von chemischen Reaktionen in sterbenden Zellen ist. Daß in den Plaques selbst bei Anwesenheit von Sauerstoff Wasserstoffperoxid entstehen kann, kam völlig unerwartet.

Es ist außerdem bekannt, daß Kupfer und Eisen im Gehirn häufig auftreten, sich aber in den Proteinplaques besonders anreichern. Da sich das Wasserstoffperoxid von seinem Entstehungsort in den Proteinplaques leicht ausbreitet, rechnet Ashley I. Bush damit, daß es sich auch in anderen Gehirnregionen in erhöhten Konzentrationen finden wird und dort zu Zellschädigungen führen kann.

Ist damit der Schlüssel zur Ursache der Alzheimerschen Krankheit gefunden? Die Antwort darauf muß warten, bis Ergebnisse aus weiteren Untersuchungen vorliegen. Die Tatsache, daß die Proteinplaques diese toxische Substanz produzieren und damit eine direkte Schädigung der Gehirnzellen verursachen können, darf nach Ansicht der Forscher in Zukunft nicht ignoriert werden.

Mit diesen neuen Erkenntnissen stellt sich auch die Frage, ob sich damit ein neuer Ansatzpunkt zur Therapie der bisher unheilbaren Krankheit bietet. In Laborversuchen konnte die Freisetzung von Wasserstoffperoxid verhindert werden, indem bestimmte Chemikalien mit dem an das Amyloid gebundene Kupfer oder Eisen reagierten. Auf einer solchen Bindung an Metalle in Proteinen beruht auch die Wirkungsweise von bekannten Medikamenten wie Aspirin oder manchen Antibiotika. Sollte es also gelingen, ein Medikament zu entwickeln, welches die Entstehung von H2O2 in den Proteinplaques verhindert, könnte damit eine Behandlung von Alzheimer-Patienten möglich werden.

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