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News: Mit Feder und Schnabel

Eine neuentdeckte Urvogel-Art weist darauf hin, daß die Entwicklung der Vögel weit komplizierter verlaufen ist, als bisher angenommen wurde. Der Fund amerikanischer und chinesischer Wissenschaftler enthält den bislang ältesten Vogelschnabel. Auch deutet vieles darauf hin, daß die heutigen Vögel nicht von den Dinosauriern abstammen, sondern von einem bislang unbekannten Reptilienvorfahren.
Ein See in der Provinz Liaoning im Nordwesten Chinas stellt eine besonders reichhaltige Fundstelle für fossile Urvögel dar. Hunderte Exemplare der Art Confuciusornis sanctus wurden bei einem Vulkanausbruch am Seeufer getötet und konserviert. Die Entdeckung der neuen Spezies Confuciusornis dui durch Lianhai Hou, Fucheng Zhang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und Larry D. Martin und Zhonghe Zhou von der University of Kansas in Lawrence stellt dennoch eine Überraschung dar.

Wie die Wissenschaftler in Nature vom 17. Juni 1999 berichten, konnten sie bei dem fast vollständigen 130 Millionen Jahre alten Skelett auch den bislang ältesten erhaltenen Hornschnabel identifizieren. Damit sind die Forscher ihrer Ansicht nach in der Lage, der Theorie den Rücken zu stärken, nach der die heutigen Vögel nicht etwa von den Dinosauriern abstammen, sondern von unbekannten reptilartigen Vorfahren.

Dieser Meinung ist auch der Biologe Alan Feduccia von der University of North Carolina: "Eine der interessanten Dinge bei dieser Entdeckungen ist, daß sie unerwartet und anschaulich zeigen, daß die Gruppe der Vögel sich bereits während der späten Jura- und frühen Kreidezeit aufgespalten haben. Der älteste bekannte Vogel, Archaeopteryx, der 150 Millionen Jahre alt ist, besaß keinen Schnabel, sondern eher einen typischen Reptilienkiefer mit Zähnen." So war der gefundene Vogel zwar wesentlich weiter entwickelt als Archaeopteryx, da er einen Schnabel besaß, jedoch auch gleichzeitig primitiver, da er zwei kleine Öffnungen im hinteren Teil seines Schädels hatte – ähnlich wie bei den Reptilien-Vorfahren der Vögel. Die Kombination von primitiven und fortgeschrittenen Merkmalen zugleich im Erscheinungsbild, ist ein typischer Zug bei der Evolution von Wirbeltieren.

Die Verästelungen des "Stammbaumes" der Vögel bilden somit eher einen komplizierten "Busch" mit vielen ausgestorbenen Entwicklungsslinien. Weder der Archaeopteryx noch Confuciusornis sind deswegen Vorfahren der heutigen Vögel, sondern stellen eher "Äste" dar, die vor Millionen von Jahren gewissermaßen abstarben.

Männchen der beiden Arten tragen zwei lange Federn, die darauf hinweisen, daß die verschiedenen Geschlechter sich deutlich voneinander unterschieden. Wie sein "Cousin" besitzt C. dui ebenfalls asymmetrische Schwungfedern, die für alle heutigen Flugvögel charakteristisch sind. Strauße und andere flugunfähige Vögel bilden dagegen fast symmetrische Federn aus, die so gut wie ungeeignet sind, um Auftrieb zu erzeugen.

Ein zusätzlicher Beleg für die vergleichsweise hohe Entwicklungsstufe der entdeckten Art ist die Tatsache, daß er hochgradig gebogene Klauenfüße und rückwärtige Zehen besitzt, die ihn als Baumkletterer kennzeichnen. C. dui zeigt ebenso, daß der halbmondförmige Knochen in der Handwurzel, der bislang als Indiz für eine Abstammung von den Dinosauriern angesehen wurde, bei Confuciusornis und Archaeopteryx derselbe, bei den Dinosauriern jedoch ein völlig anderer ist .

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