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News: Virtuelle Bässe

Optische Täuschungen kennt fast jeder. Aber wie sieht es mit akustischen Irrungen aus? Eigentlich dürften die Lautsprecher von kleinen Transistorradios nur in den höchsten Tönen fisteln. Doch ob klassische Musik oder Technoklänge - die Qualität reicht meist aus. Den Genuß verdanken wir einer akustischen Täuschung: Wir hören Bässe, die in Wirklichkeit gar nicht erklingen. Die zuständigen Vorgänge laufen anscheinend auf einem recht niedrigen neuralen Niveau ab - und nicht erst in der Großhirnrinde, wie man bislang vermutet hat.
Wenn ein Kind in seine Blockflöte bläst, ein Pianist eine Taste seines Konzertflügels anschlägt oder ein Streicher seinen Bogen über die Saiten zieht – in jedem Falle entsteht ein Klang. Dieser setzt sich zusammen aus einem Grundton und Schwingungen mit Vielfachen der Frequenz des Grundtones – den sogenannten Harmonischen oder Obertönen. Während der Grundton die Note vorgibt, die wir hauptsächlich wahrnehmen, sorgen die Harmonischen für die "Farbe" und den Charakter des Klanges. Erstaunlicherweise reichen diese höheren Frequenzen aus, um den Eindruck zu vermitteln, wir würden den Grundton hören – selbst wenn er gar nicht erklingt!

Die bisherigen Erklärungsversuche für dieses Phänomen gehen von komplexen Signalverarbeitungen in der Großhirnrinde aus. Julyan H. E. Cartwright vom Instituto Andaluz de Ciencias de la Tierra in Granada (Spanien), Diego L. González vom Instituto Lamel in Bologna (Italien) und Oreste Piro vom Institut Mediterrani d'Estudis Avançats in Palma de Mallorca (Spanien) schlagen dagegen einen deutlich einfacheren Mechanismus vor (Physical Review Letters vom 28. Juni 1999, Abstract).

Danach spielen "nichtlineare" Abläufe eine bedeutende Rolle, bei denen Frequenzen generiert werden, die keine Vielfachen des Originalsignals sind. Die Wissenschaftler schlagen eine "Drei-Frequenzen-Resonanz" vor, die in Nervenzentren lokalisiert ist, die der Großhirnrinde im Verarbeitungsprozeß vorgeschaltet sind. Zwei Obertöne rufen elektrische Signale hervor, die eine Reihe von Nervenzellen stimulieren, Impulse auszusenden, welche zu einer weiteren, dritten Frequenz gehören. Als Ergebnis "hören" wir einen nicht existierenden tiefen Ton, wie einige Beispiele auf den Internetseiten von Oresto Piro verdeutlichen.

Nicht nur Wissenschaftler und Musiker dürften sich für diese neue Hypothese interessieren, sondern auch die Träger und Entwickler von Hörhilfen. Geräte, welche die tiefen Grundschwingungen mehr betonen, sind nämlich wirkungsvoller als Apparate, die einfach alle Frequenzen gleich verstärken.

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