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News: Plutoniumgetriebene Raumsonden - Gefahr aus dem All?

Am Mittwoch, den 18. August 1999, ist es soweit: Stimmen die Berechnungen der NASA, dann wird sich die Raumsonde Cassini an diesem Tag noch einmal der Erde nähern, bevor sie ihre lange Reise zum Saturn fortsetzt. An sich ein wenig bemerkenswertes Ereignis, doch schon vor zwei Jahren, als die Raumsonde zu ihrer Saturnmission im Oktober 1997 von Cape Canaveral in Florida aus ins All geschossen wurde, hagelte es Proteste, und auch der anstehende Vorbeiflug wird von vielen mit gemischten Gefühlen verfolgt werden. Das Problem: Cassini hat fast 33 Kilogramm Plutonium als Treibstoff an Bord. Kritiker der Mission befürchten nun, daß die Sonde bei einer Fehlfunktion eventuell auf die Erde stürzen könnte - mit unvorhersehbaren Folgen.
Pünktlich um 5.28 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit wird Cassini in einer Höhe von 1170 Kilometern über dem Südpazifik auftauchen und mit einer Geschwindigkeit von 68 000 Kilometern pro Stunde an der Erde vorbeirasen. Dabei wirkt die Gravitation der Erde wie ein Katapult und beschleunigt die Raumsonde, damit diese genug Geschwindigkeit bekommt für ihren Flug zum Planeten Saturn. Ihn soll Cassini im Jahr 2004 treffen und seine Ringe und die 18 bekannten Monde untersuchen.

Das Problem bei derartigen Mission in die äußeren Bereiche unseres Sonnensystems ist die Energieversorgung. Da das Sonnenlicht dort zu schwach ist, um ausreichend Energie zu liefern, haben Cassini und auch andere Raumschiffe sogenannte Radioisotop-thermoelektrische Generatoren (RTGs) an Bord. In ihnen wird aus der Hitze, die beim Zerfall von radioaktivem Plutonium-238-dioxid frei wird, Energie erzeugt. Zwar sind die Treibstofftanks in Iridium-Kapseln eingeschlossen und durch zwei Graphitschichten abgedichtet, doch selbst das würde einem Wiedereintritt mit ultrahoher Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre nicht standhalten.

Die Gegner der plutoniumgetriebenen Raumfahrzeuge fürchten nun, daß Cassini die Erde bei ihrem knappen Vorbeiflug – aus welchem Grund auch immer – treffen könnte und der radioaktive Treibstoff als feinste Teilchen in der Atmosphäre verteilt würde. Da Plutonium-238 besonders radioaktiv ist, würde laut John Gofman von der University of California in Berkeley bereits ein einziges inhaliertes Mikroteilchen genügen, um Lungenkrebs hervorzurufen.

Die NASA hingegen teilt diese Befürchtungen nicht. Da Cassini mehr als 5000 Kilogramm wiegt, bedarf es schon eines gewaltigen Stoßes – also einer Explosion oder gar einer Kollision mit einem Meteor – um die Raumsonde ernsthaft von ihrer Flugbahn abzubringen. Darüber hinaus hat das Team am Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien, die Bahn so berechnet, daß Cassini selbst dann die Erde um wenigstens 5000 Kilometer verfehlen würde, wenn die Bodenkontrolle den Kontakt zur Raumsonde verlieren sollten. Die Wahrscheinlichkeit, daß am 18. August exakt um 5.28 Uhr etwas Derartiges eintritt, liegt laut NASA bei weniger als einer Million, und selbst die Kritiker gehen inzwischen davon aus, daß die Menschen auf der Erde so gut wie nichts von Cassinis Besuch mitbekommen werden.

Doch mit Cassinis ruhigem Weiterflug ins Weltall wird die Debatte um plutoniumgetriebene Raumsonden nicht enden. Vor allem die NASA befürchtet, daß die Diskussion alle zukünftigen Weltraummissionen, die auf Radioisotope angewiesen sind, gefährdet. Immerhin plant die NASA in den kommenden zehn Jahren drei weiter Missionen, die wahrscheinlich Plutoniumtreibstoff oder elektrische Energie benötigen werden: Europa Orbiter, der zu Jupiters viertgrößtem Satelliten fliegen wird; der Pluto Kuiper Express, der am äußersten Planeten vorbeifliegen soll, und Solar Probe zur Erforschung der Sonne. Allerdings werden diese drei Raumsonden nicht an der Erde vorbeifliegen, denn sie werden um einiges leichter sein als Cassini und deshalb auch auf eine Beschleunigung durch die Erdanziehungskraft verzichten können. Aus dem gleichen Grund müssen die zukünftigen Sonden auch nicht mehr mit gigantischen Raketen ins All geschossen werden, sondern werden wahrscheinlich mit dem Space Shuttle oder verbesserten Delta- oder Atlas-Raketen auf den Weg gebracht, meint John McNamee vom JPL.

Michio Kaku von der City University of New York allerdings sieht im Start eines Raumschiffs das größte Gefahrenpotential: "Wäre Cassini beim Start explodiert, wäre dies das Ende des Raumfahrtprogramms gewesen", sagt er. Obwohl die NASA und das U.S. Department of Energy nach intensiven Tests ziemlich sicher sind, daß auch ein katastrophaler Unfall beim Start kein Plutonium freisetzten würde, besteht für Kaku nach dem Start außerdem die Gefahr einer Explosion der Sonde in der Erdatmosphäre, wonach der Wind anschließend das Plutonium verteilen würde. Er und andere Cassini-Gegener forden stattdessen, daß die NASA sich nicht weiterhin auf das "bequemere" Plutonium verläßt, sondern die Entwicklung von Solarantrieben für ihre Raumsonden verstärkt.

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