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News: Wasser in der Tiefe

Karten, auf denen die Grenzen der tektonischen Platten und Vulkane eingezeichnet sind, zeigen ein altbekanntes Phänomen: entlang von zwei kollidierenden Platten mit ozeanischer Kruste bilden sich - in gebührendem Abstand - Inselbögen aus Vulkanen. Die relativ einheitliche Distanz zu den Subduktionszonen wunderte Geowissenschaftler schon länger. Japanische Wissenschaftler haben nun in Experimenten herausgefunden, daß womöglich kleine Wasserrinnsale in der Tiefe eine entscheidende Rolle für die Entstehung der Vulkane in den Regionen spielen.
Viele Vulkane liegen in der Nähe von Subduktionszonen, an denen sich eine tektonische Platte unter die andere schiebt. Treffen zwei ozeanische Platten zusammen, bilden sich in diesen Regionen in der Regel Inselbögen aus Vulkanen wie zum Beispiel Japan oder die Philippinen: Dort sinken die Pazifische beziehungsweise die Philippinische Platte unter die Eurasische Platte ab. Vulkane wie der Fujiyama haben ihren Ursprung in 80 bis 150 Kilometern Tiefe, wo die Sedimente des Meeresbodens des Pazifischen Ozeans in die dichtere Gesteinsschicht des äußeren Erdmantel eindringen. Im Labor verdoppelten Kenji Mibe und seine Mitarbeiter von der University of Tokyo den Druck und die Temperaturen, die normalerweise in dieser Tiefe bei Vulkanen vorliegen, um zu verstehen, warum die Vulkane genau an dieser Stelle entstanden.

Gesteinsanalysen zeigten, daß die Vulkane nicht aus den Sedimenten der abgesunkenen ozeanischen Kruste entstanden, sondern aus aufgeschmolzenem Material des oberen Erdmantels. Für den Schmelzvorgang verantwortlich ist nach Ansicht vieler Wissenschaftler von der ozeanischen Kruste in die Tiefe verlagertes Wasser, denn nasse Gesteine schmelzen bei geringeren Temperaturen als trockene. Das geschmolzene Gesteinsmaterial des Mantels bildet die Magmenkammer, aus der bei einem Ausbruch der Vulkan entsteht.

Ein Rätsel blieb jedoch nach wie vor bestehen: Warum ziehen sich die "Feuergürtel" der Vulkane wie ein Band an den Subduktionszonen entlang, und das in einem mehr oder weniger gleichmäßigen Abstand zu den Plattengrenzen? Die Wissenschaftler vermuteten, daß Vorgänge in einer ganz bestimmten Tiefe dieses weltweit zu beobachtende Muster verursachen.

Wie Mibe und seine Kollegen in der Nature-Ausgabe vom 16. September 1999 beschreiben, vermuten sie als kontrollierenden Faktor durch die Gesteinsporen rinnendes Wasser. Um diese Annahme zu überprüfen, füllten sie Platinröhren mit Wasser und Magnesiumsilikat und versiegelten sie. Diese Gefäße setzten sie Druck von drei bis fünf Gigapascal – das sind etwa 30 000 bis 50 000 bar – und Temperaturen von 800 bis 1000 Grad Celsius aus. Unter diesen Bedingungen rekristallisierte das Magnesiumsilikat zu Forsterit, einem typischen Mineral des Mantels.

Das Wasser sammelte sich an den Rändern zwischen den Forsteritkristallen entweder in Form von kleinen Tropfen oder als Netz kleiner Rinnen, ähnlich wie es sich in Schaum ausbildet. Anders gesagt ist das Wasser entweder in einzelnen Tropfen "gefangen" oder es kann sich über die kleinen Rinnen im Gestein ausbreiten. Ob nun Tropfen oder Rinnen entstehen, hängt von der Temperatur und dem Druck ab, welche die Eigenschaften des Gestein-Wasser-Gemischs verändern – so wie Seife die Eigenschaften eines Luft-Wasser-Gemischs beeinflußt.

Die Forscher maßen mit dem Elektronenmikroskop den Diederwinkel an den Außenflächen der Kristalle, in denen sich Wasser ansammeln kann. Dieser Winkel bestimmt die Oberflächeneigenschaften, die entscheiden, ob sich Tropfen oder Netze aus Rinnsalen bilden. Bei Winkeln von mehr als sechzig Grad bilden sich aus den Netzen Tropfen. Diese Wassertropfen können in Spalten tiefer in den Erdmantel eindringen. Für die Erniedrigung der Schmelztemperatur ist jedoch eine möglichst flächendeckende Benetzung nötig, die nur über das Netz aus Wasserrinnsalen erreicht wird.

Mibe und seine Mitarbeiter entdeckten, daß bei niedrigen Temperaturen und geringem Druck die Benetzung unvollständig ist, während bei höheren Temperaturen und Druck die Kristalloberfläche von Wasser überzogen wird. Ihren Ergebnissen zufolge stimmen diese relativ gut mit den Bedingungen in den Regionen überein, in denen die Insel-Vulkanketten entstehen.

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