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News: Myosin im Rückwärtsgang

Der Transport verschiedener Stoffe innerhalb der Zelle läuft unter anderem über die zwei Proteine Aktin und Myosin, wobei das Myosin wie ein Güterzug auf den filamentösen 'Schienen' des Aktin gleitet. Bisher sind Wissenschaftler davon ausgegangen, daß diese Bewegung nur in einer Richtung erfolgt. Amerikanische Forscher haben aber nun eine Variante des Myosins entdeckt, das sich rückwärts auf dem Aktin fortbewegt. Durch zusätzlich eingefügte Aminosäuren kann sein 'Zugarm' entgegengesetzt rotieren.
Lange Filamente des Proteins Aktin durchziehen alle Zellen des Körpers. Wie ein Güterzug auf den Schienen gleitet darauf ein weiteres Protein namens Myosin und transportiert verschiedene Stoffe an alle möglichen Orte innerhalb der Zelle. Anders als bei einem Gleisnetz schien dieses Transportsystem jedoch ein Netz von Einbahnstraßen zu sein, oder vielmehr nahmen Wissenschaftler bisher an, daß alle 15 Varianten des Myosins sich darauf nur in eine Richtung bewegen – nämlich zum positiven Ende des geladenen Aktin-Moleküls. Für den "Rückweg" stehen dann Aktinmoleküle zur Verfügung, die umgekehrt orientiert sind.

Doch es scheint eine Ausnahme zu geben. Wie Wissenschaftler vom University of Pennsylvania Medical Center entdeckten, bewegt sich Myosin VI auch rückwärts auf seiner Bahn, zurück zum negativ geladenen Ende des Aktin-Moleküls (Nature vom 30. September 1999). Diese Myosin-Form wurde 1992 bei Taufliegen zum ersten Mal beschrieben und seither in zahlreichen Organismen von Würmern bis zum Menschen nachgewiesen.

Die Entdeckung könnte erklären, wie der Transport in Körperzellen funktioniert, in denen das Aktin bekanntermaßen nur in eine Richtung orientiert ist. Dazu gehören zum Beispiel die Haarzellen im Innenohr, welche akustische Signale aufnehmen und weiterleiten. Mäuse, denen das Myosin VI fehlt, sind taub.

"In vieler Hinsicht ist das Myosin-Protein, das sich auf dem Aktin-Filament bewegt, wie ein sicherer Turner, der auf einem Schwebebalken nur in einer Richtung laufen kann", erklärt H. Lee Sweeney, der Leiter des Forschungsteams. "Wir konnten zeigen, daß überraschenderweise eine Form des Myosins auch rückwärts auf dem Balken spaziert."

Sweeney und seine Mitarbeiter gingen davon aus, daß ein Molekül, das sich rückwärts fortbewegt, wohl denselben Grundkörper wie andere Myosin-Proteine hat, aber Veränderungen in dem sich bewegenden Myosin-Kopf aufweist, damit dieser in die entgegengesetzte Richtung rotieren kann. Um die Unterschiede zu entdecken, verglichen sie die Sequenzen an der Verbindungsstelle zwischen Grundkörper und beweglichem Arm der 15 bekannten Myosin-Moleküle. Und siehe da, Myosin VI wies an dieser Stelle 53 zusätzlich eingefügte Aminsosäuren auf.

Die Wissenschaftler markierten die positiv und negativ geladenen Enden von Aktin-Filamenten mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen. So konnten sie unter einem Fluoreszenzmikroskop verfolgen, in welche Richtung sich verschiedene Myosin-Proteine bewegen, wenn ihr "Treibstoff" ATP zur Verfügung steht. "Wir sahen, daß alle anderen Myosin-Moleküle in die Richtung marschierten, die von Wissenschaftlern bisher als die angesehen wurde, wohin sie sich zu bewegen haben", erzählt Sweeney. "Myosin VI dagegen bewegte sich genau entgegengesetzt."

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