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News: Wohlgeratene Zöglinge

Hier ein Gen für Schädlingsresistenz, da ein Gen gegen vorzeitiges Schrumpeln - das Erbgut unserer Nahrungspflanzen wird zunehmend verändert. Gefährlich oder nützlich, die Diskussion darum ist in vollem Gange. Dabei geht es offensichtlich manchmal auch anders: Kreuzungen von Reispflanzen mit einigen anderen Vertretern derselben Gattung erbrachten deutlich höhere Ernteerträge als herkömmliche Varianten. Und als Extra-Bonbon ist eine Mischform auch noch resistent gegen ein pflanzenpathogenes Virus - obwohl keiner der Elternteile diese Eigenschaft hatte.
Alle kommerziell angebauten Reissorten stammen von zwei Unterarten ab, zum einen von Oryza sativa japonica, zum anderen von Oryza sativa indica. Die japonica-Sorten werden vor allem in China, Japan und dem restlichen Südostasien kultiviert. Sie besitzen kurze, gedrungene, klebrige Körner. In den anderen Gebieten werden dagegen die indica-Sorten angebaut, die längere Körner produzieren. Insgesamt gibt es Tausende von verschiedenen Reisstämmen, doch nur 25 Prozent davon werden auch kommerziell genutzt.

Als Susan McCouch von der Cornell University und ihre Mitarbeiter in den frühen 90er Jahren damit begannen, den kommerziell angebauten Reis mit anderen Reisstämmen zu kreuzen, hielten das viele Kollegen für lächerlich. Normalerweise nutzen Pflanzenzüchter bestimmte Eigenschaften nur, wenn sie von der Wildform der Pflanze bekannt sind. Das Wissenschaftlerteam ging jedoch davon aus, daß in der Menge der Gene auch einige dabei sein sollten, die nützlich sein könnten. Mitte der 90er Jahre stiegen dann die Ernteerträge einer Kreuzung aus einer wertvollen chinesischen Zuchtform von Oryza sativa und Oryza rufipogon, einer bizarr aussehenden Wildform, die in Malaysia heimisch ist. Sie wird bis zu zwei Meter hoch und bricht leicht zusammen, wobei sie ihre Körner überall hin verstreut.

Nach diesen ersten Erfolgen dehnte sich das Programm auf Arbeitsgruppen in Korea, Indonesien, Kolumbien, Brasilien und der Elfenbeinküste aus. Nun warten die Wissenschaftler auf die Ergebnisse von Kreuzungen zwischen einem Dutzend sativa-Sorten und drei Wildformen, darunter auch Oryza rufipogon. Die beiden anderen Wildformen Oryza glaberrima und Oryza barthii stammen aus Afrika.

Wie McCouch am 16. November 1999 auf einer von Nature Biotechnology organisierten Konferenz vorstellte, lassen vorläufige Ergebnisse eine Ertragssteigerung um zehn bis zwanzig Prozent erwarten. Und eine Kreuzung stellte sich zudem als resistent gegen das Hoja blanca-Virus heraus, das in Lateinamerika ganze Reisernten vernichtet. Das Besondere daran ist, daß keiner der Elternteile diese Resistenz besitzt. Die Ursache dafür sieht McCouch in neuen Wechselwirkungen zwischen den Genen und Proteinen der verschiedenen Elternteile, die beide jeweils dem Virus zum Opfer fallen.

Auf der Suche nach den Genen, welche diese begehrte Errungenschaft verleihen, durchkämmen die Wissenschaftler jetzt das Genom der Hybridpflanzen. "Wenn man die Gensequenz kennt, kann man in wilden Populationen nach weiteren vorteilhaften Variationen suchen", erklärt McCouch. Sie meint, daß gentechnische Veränderungen überflüssig werden könnten, wenn die umfangreiche Gensammlung der Wildtypen besser genutzt würden.

Die Ergebnisse weckten auch breite Zustimmung von Umweltschützern, die nun fordern, diese Technik als Alternative zu genetischen Manipulationen zu verwenden. "Wenn man es mit natürlichen Methoden macht," so Benedikt Haerlin von Greenpeace, "haben wir keine Probleme damit".

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