News: Heftiger Streit im Planeten-Kinderzimmer
Erreichen Planeten eine kritische Masse, die etwa der fünfzehnfachen Erdmasse entspricht, wird ihr Wachstum beschleunigt, da die wachsende Gravitation immer mehr Gas heransaugt. In der Simulation, welche die Forscher zur Entstehung des Sonnensystems durchgeführt hatten, wuchsen durch einen Zufall Jupiter und Saturn deutlich schneller heran als die beiden anderen Gasriesen. Zu einem Zeitpunkt, als Uranus und Neptun erst drei und vier Prozent der Gesamtmasse dieser vier äußeren Planeten erreicht hatten, war Jupiter bereits auf 71 und Saturn immerhin auf 21 Prozent Masse angeschwollen. In den ersten 100 000 Jahren fast aller durchgeführten Rechnungen katapultierten denn auch die großen Planeten die beiden kleineren auf Umlaufbahnen, die 30- bis 40mal dem Abstand zwischen Erde und Sonne entsprechen.
Nachdem die beiden Gasriesen aus ihrer Umlaufbahn geworfen wurden, machten sie einen Prozeß durch, der als dynamische Reibung bezeichnet wird. Jedesmal wenn Uranus und Neptun den solaren Nebel durchkreuzten, wurden sie durch unzählige gravitative Wechselwirkungen, die von herumfliegenden Trümmern ausgingen, hin und her geschleudert. Andererseits ermöglichte diese Reibung den wild kreisenden Planeten wieder eine annähernd kreisförmige Umlaufbahn einzunehmen, die viel weiter außerhalb und weit weg vom Einfluß der beiden großen Planeten Jupiter und Saturn lag. Weitere Planeten-Nebel-Wechselwirkungen könnten die beiden Verbannten eventuell noch ein Stüch nach draußen befördert haben.
Die Hälfte der 24 Simulationen, welche die Wissenschaftler durchgeführt haben, zeigten das oben beschriebene Szenario. Doch da niemand weiß, wie das frühe Sonnensystem tatsächlich ausgesehen hat, zweifeln einige Forscher an, ob sich das Model wirklich übertragen lasse. Renu Malhotra vom Lunar and Planetary Institute in Huston meint, daß Kerne sowohl mit Gas als auch mit den Eisbrocken der gigantischen Planeten in Wechselwirkung getreten seien. Doch diese seien in dem Modell nicht berücksichtigt worden. "Ob dieses Modell zeigt, was tatsächlich passiert ist, ist nicht klar", sagt sie. Für den Moment sei es ein faszinierendes Ergebnis, meint dagegen Brett Gladman vom Observatory of Nice in Frankreich. "Ich denke, es könnte durchaus so geschehen sein."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 19.11.1999
"Abwegiger Jupiter" - Spektrum Ticker vom 30.7.1999
"Ein neuer Spitzenreiter" - Spektrum Ticker vom 12.2.1999
"Wachwechsel am Rande des Sonnensystems"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.