News: Ein früher Vorbote für Chorea Huntington
Die Erbkrankheit Chorea Huntington geht auf eine Mutation im Huntington-Gen zurück, die den Verfall und den Tod bestimmter Zellen des Großhirns herbeiführt. Es handelt sich um eine fortschreitende degenerative Erkrankung, die durch unfreiwillige ruckartige Bewegungen der Arme, des Halses, des Gesichts und des Rumpfs gekennzeichnet ist. Weitere Symptome sind ein ausladender, stolzierender Gang, eine stockende Redeweise und ein intellektueller Verfall. Klinische Symptome treten erst in der vierten oder fünften Dekade des Lebens auf und schreiten dann in den nächsten 10-20 Jahren stetig fort. Am Ende dieser Entwicklung steht unausweislich der Tod, da noch immer keine effektiven Behandlungsmöglichkeiten verfügbar sind.
Die Huntingtonsche Krankheit greift das Basalganglion an, ein an der Basis des Großhirns liegendes Nervenzellcluster. "Es war bisher ein Rätsel, was genau die Aufgabe dieser Hirnregion ist. Aber unseren Studien zufolge könnte sie an der Fehlerkorrektur beteiligt sein, denn diese leidet, wenn das Basalganglion beschädigt wird", sagt Smith.
Die Forscher unter der Leitung von Christopher Ross untersuchten elf bislang symptomfreie Träger der Huntington-Mutation, 16 Patienten, die bereits erkrankt waren und drei Versuchspersonen, deren Eltern Chorea Huntington hatten, die selbst aber kein Träger der Mutation waren. Als Kontrollgruppe dienten zwölf Menschen vergleichbaren Alters, die keinerlei Bezug zur Krankheit aufwiesen. Eine zweite, ähnlich angelegte Studie schloss sechs Teilnehmer mit zerebralen Verletzungen mit ein. Die Versuchspersonen bekamen die Aufgabe, rasch nach einem Ziel zu greifen, während sie einen Roboterarm festhielten. Dieser Arm untersuchte ständig die Bewegungen nach Ruckhaftigkeit und Gewandheit und nach der Fähigkeit, das Ziel genau anzupeilen. Die Analyse der Daten erfolgte dann am Computer (Nature vom 3. Februar 2000).
Das Zielen zu Beginn der Bewegung war bei den Patienten nicht dramatisch gestört. Dagegen ließ sich bei ihnen und einigen symptomfreien Trägern der Mutation eine gewisse Ruckhaftigkeit im Verlauf der Bewegung feststellen. "Diese Ergebnisse lassen vermuten," so Smith, "dass Bewegungen von Chorea Huntington-Patienten oft normal beginnen und dann ab einem gewissen Punkt aufgrund einer gestörten Fehler-Rückmeldung unregelmäßig werden."
"Diese Studie ist deshalb so wichtig, weil sie uns einen Marker für motorische Anomalien bei Trägern der Mutation liefert, noch bevor klinische Symptome erkennbar sind", erklärt Ross. "Wir stellten fest, dass ein großer Prozentsatz dieser Patienten vermehrt zuckten, obwohl zum Teil noch mehr als sieben Jahre bis zum vermutlichen Beginn der Symptome lagen."
Smith gibt allerdings zu bedenken, dass seine Ergebnisse höchstwahrscheinlich nicht zu einer Verbesserung der Diagnose und Behandlung von Chorea Huntington beitragen werden, sondern vielmehr ein besseres Verständnis der Krankheit ermöglichen könnte. " Dies ist wirkliche Grundlagenforschung", sagt er. "Aber hoffentlich verschaffen uns diese Informationen einen tieferen Einblick in die Mechanismen der Symptome und der für die Fehler-Rückmeldungen verantwortlichen Hirnareale."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 12.12.1999
"Sprünge in der Geschichte"
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