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News: Der Geodynamo als Computerprogramm

Tief im Erdinneren befindet sich ein Dynamo, der das Magnetfeld unseres Planeten erzeugt - in ihm drehen sich aber keine Magnete, sondern flüssiges Eisen fließt umher. Wissenschaftler können diese Prozesse natürlich nicht unmittelbar vor Ort beobachten. Deswegen haben sie den Geodynamo am Computer simuliert und dadurch neue Erkenntnisse über die Vorgänge im Erdkern und die periodisch auftretende Umpolung des Magnetfeldes gewonnen.
Die erste sich selbst erhaltende, dreidimensionale Computersimulation des Geodynamos stammt aus dem Jahr 1995. Gary Glatzmaier, heute an der University of California in Santa Cruz, und Paul Roberts von der University of California in Los Angeles hatten sie erzeugt. Auf dem jährlichen Treffen derAmerican Association for the Advancement of Science in Washingon hat Glatzmaier am 20. Februar 2000 die neusten Ergebnisse der Gruppe vorgestellt.

Das Glatzmaier-Roberts-Modell für den Geodynamo besteht im Wesentlichen aus einer komplexen Reihe mathematischer Gleichungen, welche die Physik des Erdkerns beschreiben. Wissenschaftler vermuteten bereits seit langem, dass der hauptsächlich aus Eisen bestehende Kern an der Erzeugung des Magnetfeldes beteiligt ist. Der flüssige äußere Teil rotiert dabei um den festen inneren Kern, wobei dieser etwa so groß wie der Erdmond und so heiß wie die Sonnenoberfläche ist. Der Hitzefluss aus dem Kern treibt den Geodynamo an. "Im Grunde genommen arbeitet das System nur, weil die Erde abkühlt", sagt Glatzmaier. Die Abkühlprozesse führen zur Konvektion flüssigen Materials, die einen elektrischen Strom erzeugt – und wie alle elektrischen Ströme generiert dieser ein Magnetfeld.

Glatzmaier und Roberts gelang mit ihrer Simulation auch, das Erdmagnetfeld umzukehren, also dass Nord- und Südpol die Plätze tauschten. Dieses Phänomen ereignete sich viele Male in der Erdgeschichte und ist in der magnetischen Ausrichtung von Eisenmineralen zur Zeit ihrer Entstehung ablesbar. So zeigen die Dipole dieser Minerale in Millionen Jahre alten Gesteinen auf einen längst vergangenen Nord- und Südpol oder sind aus heutiger Sicht umgekehrt gepolt. "Wir können mit unserem Modell ein Magnetfeld simulieren, das wie das irdische Magnetfeld aussieht, und ebenfalls Umpolungen ausgesetzt ist", sagt Glatzmaier.

Das Modell sagte auch vorher, dass der feste innere Kern etwas schneller rotiert als die Erdkruste. In der Simulation drehte er sich zwei bis drei Grad pro Jahr mehr als der feste Mantel und die Oberfläche. Nach der Auswertung von seismischen Messungen aus dreißig Jahren bestätigten später zwei Seismologen von der Columbia University diese Vorhersage.

In den vergangenen fünf Jahren haben Glatzmaier und seine Mitarbeiter die Genauigkeit ihres Modells verbessert. Dabei halfen ihnen die ständig steigenden Rechnerkapazitäten. Die Wissenschaftler können nun Magnetfelder über Zeitspannen von 300 000 Jahren simulieren. Außerdem sind die Schemata der simulierten Magnetfeldumkehrungen den paläomagnetischen Aufzeichnungen sehr ähnlich. "Wir können Simulationen von 200 000 Jahre Dauer modellieren. Das dabei erzeugte Magnetfeld ist sehr lange stabil – das sind Millionen von Zeitschritten, die wir mit unseren Gleichungen berechnen. Dann kehrt sich die Polarität innerhalb von tausend Jahren um und bleibt erneut für eine lange Periode wieder stabil. Als wir das sahen, waren wir sehr glücklich, beobachten wir doch das gleiche in der Erdgeschichte. Die Umpolungen werden aber nicht von außen ausgelöst", meint Glatzmaier. "Die Ursache liegt einfach in der nichtlinearen und chaotischen Natur des Systems."

Die jüngsten Anstrengungen der Wissenschaftler richteten sich auf die Rolle des Mantels auf die Frequenz der geomagnetischen Umpolungen. Nach Ansicht der Wissenschaftler verursachen möglicherweise unstete Verteilungsmuster der Hitzeströme vom Kern in den Mantel Störungen in den Flüssigkeitsbewegungen des äußeren Kerns. Deshalb berechneten Glatzmaier mehrere Modelle für den Hitzefluss zwischen Kern und Mantel.

Die Untersuchungen ergaben (Nature vom 28. Oktober 1999), dass eine vom Mantel beeinflusste Hitzeflussverteilung großen Einfluss auf das Verhalten des Geodynamos hat. Die meisten erdähnlichen Magnetfeldumkehrungen traten zusammen mit einer relativ einheitlichen Verteilung der Hitzeströme auf. Das deutet darauf hin, dass Wissenschaftler das Ausmaß von Temperaturverteilungen im Mantel überschätzt haben. Vielleicht kompensieren Unterschiede in der Zusammensetzung des Mantels die Temperaturunterschiede

"Wir sind noch weit davon entfernt, alle Antworten zu kennen", meint Glatzmaier. "Das Modell ist aber ein vielversprechender Weg, das Unbekannte zu erforschen, da die Resultate dem tatsächlichen Magnetfeld sehr ähneln. Doch den Details vertrauen wir noch nicht so sehr. Und das ist der Punkt, an dem uns leistungsstarke Computer helfen werden."

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