News: Risikofaktor für Alzheimer-Erkrankung identifiziert
An Mäusen, die ungewöhnlich große Mengen des humanen beta-Amyloidproteins produzieren, aber keine Form von apoE besitzen, konnten die Forscher zeigen, dass die Tiere zwar viel Amyloid einlagerten, aber keine Plaques – also Klumpen degenerierter Nervenzellen – entwickelten. Daraus zogen sie den Schluss, dass die Amyloid-Ablagerungen an sich nicht zellschädigend sind. Bei Anwesenheit von apoE in Tiermodellen, die ein intaktes Gen für dieses Lipoprotein besitzen, wandelte sich das beta-Amyloid in haarförmige Fibrillen um. "Also muss apoE ausgesprochen wichtig für die Konvertierung des Amyloids in die fibrilläre Form sein", sagt Holtzman, "und wenn die auftritt, fangen die Nervenzellverbindungen an zu degenerieren."
Die Forscher brachten weiterhin das menschliche Gen für apoE3 oder apoE4 in das Mäusemodell ein, das keine eigene Form des apoE produziert, und konnten im Hippocampus dieser Tiere sowohl beta-Amyloid-Ablagerungen als auch Plaques entdecken. Dabei wiesen die Wissenschaftler bei 89 Prozent der Mäuse, die das Gen für apoE4 besaßen, Proteinanhäufungen nach, während diese bei den apoE3 produzierenden Mäusen nur in 33 Prozent der untersuchten Tiere gefunden wurden.
Als die Forscher die Hirne mit einer speziellen Chemikalie anfärbten, die spezifisch auf fibrilläres Amyloid reagiert, zeigte sich ihnen ein noch stärkerer Unterschied. Die apoE4-Tiere wiesen einen zehn Mal größeren Anteil an dieser faserig veränderten Form des Proteins in einer bestimmten Region des Hippocampus auf als ihre apoE3-produzierenden Artgenossen. Das fibrilläre Amyloid war dabei stets mit dem Tod von Nervenzellen assoziiert. "Die Tatsache, dass apoE4 sowohl die Menge an beta-Amyloid erhöht, als auch die Bildung von Fibrillen verstärkt, erklärt, warum diese Form des Lipoproteins einen genetischen Risikofaktor für Morbus Alzheimer darstellt", meint Holtzman.
ApoE kommt in high-density lipoprotein-Partikeln (HDL) im Gehirn vor, die sich deutlich vom HDL des Blutes unterscheiden. Holtzman und seine Kollegen wollen nun die Wechselwirkungen zwischen diesem Molekül und dem beta-Amyloid genauer untersuchen, um eventuell Behandlungsmöglichkeiten der neurodegenerativen Erkrankung zu entwickeln. "Wir glauben, dass es möglich wäre, den apoE-Spiegel im Gehirn medikamentös zu verändern", erklärt der Wissenschaftler. "Solche Medikamente könnten die Ablagerung von beta-Amyloid und die Umwandlung des Proteins in seine fibrilläre Form verhindern, sowie den Abbau der angelagerten Substanz vorantreiben – was alles in allem den Fortgang der Alzheimer-Erkrankung verlangsamen könnte."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 16.10.1997
"Weitere Schritte wider das Vergessen " - Spektrum Ticker vom 3.1.2000
"Wegweiser zu besseren Alzheimer-Medikamenten "
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 1/96, Seite 80
"Das Immunsystem des Gehirns"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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