News: Hochdosis-Chemotherapie bringt nichts
Jahrelang hatte eine ultra hoch dosierte Behandlung mit Cytostatika bei solchen Schwerkranken als möglicher Rettungsanker gegolten. Dabei "killten" die Ärzte buchstäblich das Knochenmark der Betroffenen – hoffentlich samt den Krebszellen des Tumors. Dann wurde eine Knochenmarktransplantation zur Wiederherstellung des Knochenmarks und der Blutbildung durchgeführt.
Doch die neue wissenschaftliche Untersuchung aus den USA bläst der Hoffnung das Lebenslicht aus: 89 Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs waren mit einer konventionellen und schonenderen Chemotherapie behandelt worden. 110 Frauen aber hatten eine Hochdosis-Behandlung mit den "schärfsten Waffen" an Cytostatika bekommen.
Das Knochenmark der Patientinnen wurde irreversibel geschädigt. Dadurch versagte ihre Immunabwehr total, ebenso die Blutbildung. Freilich, danach erhielten die Patientinnen Blutstammzellen, die ihnen vor der Chemotherapie abgenommen worden waren. Sie sollten das Knochenmark wieder aufbauen. Der Preis dafür aber war die vorübergehende Todesgefahr zumindest durch die Immunschwäche.
Die Auswertung der Studie brachte eine große Enttäuschung: Nach drei Jahren zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den konventionell und den besonders aggressiv behandelten Frauen. In der ersten Gruppe waren noch 38 Prozent am Leben, in der Hochdosis-Gruppe 32 Prozent. Und der Zeitraum bis zum Fortschreiten der Erkrankung betrug in der Hochdosis-Gruppe 9,6 Monate und in der Vergleichsgruppe neun Monate.
Doch hinter ehemaligen Hoffnungen auf die Hochdosis-Chemotherapie bei Brustkrebs verbirgt sich auch ein veritabler Wissenschaftsskandal. Im Jahr 1999 hatte der südafrikanische Forscher Werner Bezwoda beim amerikanischen Onkologenkongress (ASCO-Meeting) die bisher einzige Studie zu dem Thema mit positiven Resultaten präsentiert. Doch eine unabhängige Expertengruppe überprüfte vor kurzem die Originaldaten in Südafrika.
Am 4. Februar 2000 warnte die American Society of Clinical Oncology (ASCO) ihre Mitglieder vor den Hoffnungen. Die Deutsche Krebshilfe mit Hinblick auf diesen Schritt: "Bei dieser Qualitätskontrolle wurden Fehlverhalten und erhebliche Unregelmäßigkeiten in der Studienführung festgestellt, die zur falschen Darstellung der Studienergebnisse führten. Bezwoda gab zu, gegen die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis verstoßen zu haben. Er wurde von seinem bisherigen Posten (...) enthoben."
Die Deutsche Krebshilfe betonte in ihrer Aussendung, dass die Hochdosis-Chemotherapie bestenfalls in wissenschaftlichen Studien weiter geprüft werden sollte. In der anerkannten Routine-Behandlung von Brustkrebspatientinnen hätte sie derzeit keinen Platz.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 20.9.1999
"Vier Tage Krebs"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 17.5.1999
"Neue Empfehlungen für die Brustkrebsdiagnostik"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft Spezial 96, Seite 65
"Hochdosis-Therapie und Knochenmark-Transplantationen"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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