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News: Grenzenloser Widerstand

Bisher gingen Physiker davon aus, dass der spezifische Widerstand von Materialien mit zunehmender Temperatur ansteigt, bis er einen maximalen Wert erreicht. Aber auch zu dieser 'Regel' gibt es offenbar Ausnahmen. Denn zumindest bei einigen Hochtemperatur-Supraleitern und Fullerenen stößt der Widerstand an keine Obergrenze.
In einem perfekten Kristallgitter kann sich ein Elektron bewegen, ohne gestreut zu werden. Aber Unreinheiten im Kristall oder durch thermische Bewegung verschobene Atome lenken es in er Realität von seiner Bahn ab. Daher steigt mit zunehmender Temperatur auch die Häufigkeit, mit der Elektronen gestreut werden, was zu einem höheren spezifischen Widerstand führt. Oder anders ausgedrückt, wird der durchschnittliche Weg, den ein Elektron zurücklegen kann, bevor es von seiner Bahn abkommt, kleiner.

Von dieser als mittleren freien Weglänge bezeichneten Größe nahmen Physiker bisher an, dass sie einer besonderen Beschränkung unterworfen ist: Da die Elektronen von den sich bewegenden Atomen abgelenkt werden, sollte sie nicht kleiner sein als der durchschnittliche Abstand zwischen zwei Atomen des Gitters. Und tatsächlich beobachteten Wissenschaftler in den 70er und 80er Jahren bei vielen Metallen, dass der spezifische Widerstand des Materials einen Maximalwert erreichte, wenn sich die freie Weglänge dem mittleren Atomabstand näherte. Aber vor kurzem tauchten einige Ausnahmen auf, welche diese Regel in Frage stellen: Bei Hochtemperatur-Supraleitern und mit Alkalimetallatomen dotierten Fullerenen scheint die Beschränkung nicht zuzutreffen. Für die fußballförmigen Kohlenstoffgebilde sollte die Weglänge nämlich nur etwa ein Fünftel des Atomabstandes betragen. Dabei wurde die Strecke nicht direkt bestimmt, sondern über den im Experiment ermittelten spezifischen Widerstand berechnet. Diesem Verfahren liegt die Annahme zu Grunde, dass alle Valenzelektronen der Alkalimetalle zur Leitfähigkeit des Materials beitragen.

Um dieses ungewöhnliche Ergebnis genauer zu überprüfen, entwickelten olle Gunnarsson und J. E. Han vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart ein einfaches Computermodell von Fullerenen, die drei Kalium- oder Rubidiumatome enthalten. Mit diesem Programm, das die durch thermische, intramolekulare Vibrationen verursachte Streuung der Valenzelektronen der Alkalimetallatome simuliert, konnten die Physiker den spezifischen Widerstand der Fullerene exakt berechnen. Um den Maximalwert des Widerstandes festzustellen, führten die Wissenschaftler ihre Kalkulationen auch für unrealistisch hohe Temperaturen durch. Aber im Modell nimmt die spezifische Leitfähigkeit scheinbar ohne Begrenzungen immer weiter zu, was bedeutet, dass auch die entsprechende mittlere freie Weglänge abnimmt, ohne auf eine Untergrenze zu stoßen: Für die höchsten Temperaturen erreichte sie einen Wert von unter 0,1 Nanometer – etwa zehn Mal weniger als der mittlere Abstand zwischen zwei Fulleren-Molekülen (Nature vom 29. Juni 2000).

Dieses Computermodell zeigt also, dass zumindest in diesem System der spezifische Widerstand selbst dann noch wächst, wenn die mittlere freie Weglänge schon auf den Abstand zwischen den Atomen zusammengeschrumpft sein müsste. Offenbar kann man die Elektronen nicht wie bei Metallen als Quasiteilchen mit einer lange Lebensdauer ansehen, die sich im Wesentlichen unabhängig bewegen können. In Fulleren-Kristallen scheinen sie nur so kurz zu "leben", dass die üblichen halbklassischen Konzepte bei ihnen nicht anwendbar sind.

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