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News: Heute hier, morgen dort

Stellen Sie sich einen Zirkel vor, mit dem Sie keinen runden, sondern einen etwas zackigen, eckigen Kreis aufs Papier bringen. So in etwa wandert der Nordpol auf 'Kreis'bahnen umher, wenn die Rotationsachse der Erde nicht mit einer Hauptachse des Trägheitsmoments zusammenfällt. Dieses Phänomen sollte eigentlich schon längst verschwunden sein, wird aber durch unbekannte Kräfte immer neu belebt. Doch nun scheint das Geheimnis gelüftet zu sein. Der Antrieb für die Schwankungen liegt in den Tiefen der Meere verborgen. Denn der Druck, der auf den Böden der Ozeane lastet, variiert mit den Änderungen der Wassertemperatur und des Salzgehalts und facht die Schwankung der Erde immer wieder an.
Der geografische Nordpol bleibt nicht immer da, wo er einmal ist, sondern wandert etwa auf Kreisbahnen umher. Eine der zu Grunde liegenden Bewegungen hat der ehemalige Geschäftsmann und spätere Astronom Seth Carlo Chandler bereits im Jahre 1891 beschrieben. Sie trägt seitdem seinen Namen: Chandler Wobble. Er entsteht dadurch, dass die Drehachse der gar nicht so starren Erdkugel nicht mit den Hauptachsen des Trägheitsmoments zusammenfällt. Um einen vollen Zyklus zu durchlaufen, benötigt die Erde 433 Tage, wobei die Schwingungsweite sich am Nordpol auf 5 bis 6,1 Meter beläuft. Eigentlich sollte der Chandler Wobble in nur 68 Jahren verschwunden sein, haben Wissenschaftler errechnet. Da die Erde jedoch munter weiter präzisiert, beleben offensichtlich bisher unbekannte Kräfte das Phänomen immer wieder neu.

Die Quelle dieser geheimen Kräfte scheint nun gelüftet zu sein: Richard S. Gross vom Jet Propulsion Laboratory hat numerische Modelle der Ozeane auf Daten der Chandler-Schwankungen aus den Jahren 1985 bis 1995 vom International Earth Rotation Service in Paris angewandt. Er stellte fest, dass der Antrieb für die Schwankungen in den Tiefen der Meere verborgen liegt (Geophysical Research Letters vom 1. August 2000). Auf den Böden der Ozeane lastet ein fluktuierender Druck, der Änderungen der Wassertemperatur und des Salzgehaltes der Gewässer verursacht. Hierzu kommt der Einfluss des Windes auf die Zirkulationen der Meere. Zwei Drittel des Chandler Wobble lassen sich laut Gross über die Veränderungen am Meeresgrund erklären, und das restliche Drittel geht auf das Konto von Veränderungen des atmosphärischen Drucks. Mit seiner Analyse widerspricht Gross früheren Hypothesen, die sich auf den kontinentalen Wasservorrat, Erdbeben und Wechselwirkung zwischen dem Erdkern und seinem ihn umgebenden Mantel beziehen.

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