News: Ruckweise vorwärts
Joachim Frank vom Howard Huges Medical Institute und seine Mitarbeiter beobachteten nun, dass sich tatsächlich eine Untereinheit des Ribosoms relativ zu der anderen schnell dreht, wenn gerade die mRNA und ihre angeheftete tRNA um einen Leseschritt weiterrücken (Nature vom 20 Juli 2000). Sie benutzten dafür ein Kryo-Elektronenmikroskop, mit dem Forscher große Moleküle dreidimensional sichtbar machen können. Um die Ribosomen mit dieser Methode zu untersuchen, froren sie diese zunächst mit sehr kaltem, flüssigem Ethan blitzartig ein, nachdem sie die Organellen zuvor in einer wässrigen Lösung fein verteilt hatten. Das schnelle Einfrieren fixiert die Ribosomen im Eis und erhält dabei ihre natürliche Struktur. Mit einem Elektronenstrahl geringer Intensität erhielten die Forscher dann Bilder von Tausenden im Eis gefangener Ribosomen, ohne deren Moleküle dabei zu beschädigen. Mit ausgeklügelten, computergestützten Bildanalysen konnten sie anschließend eine genaue dreidimensionale Abbildung der Bewegungsabläufe von Ribosomen rekonstruieren.
Um die Ribosomen genau zu dem Zeitpunkt zu fixieren, wenn sie die mRNA und tRNA weiterbewegen, gaben die Wissenschaftler der wässrigen Lösung eine funktionslose Kopie des GTP-Moleküls und den Elongationsfaktor G bei, welche die Protein-Synthese genau bei diesem Schritt stoppten. "Indem wir diese Kopie benutzten, konnten wir den Vorgang festhalten, während dem der Elongationsfaktor an das Ribosom bindet, aber sonst nichts weiter passiert," erklärt Frank. "Das gesamte System wird so durch eine chemische Verbindung eingefroren." Die Analyse zeigte, dass sich die kleinere Einheit um sechs Grad relativ zur größeren Untereinheit dreht, wenn der Verlängerungsfaktor sich an das Ribosom anheftet. Nach der chemischen Reaktion mit GTP dreht sich die kleine Untereinheit anschließend wieder in die Ausgangsposition zurück. "Diese Drehung geht mit anderen Bewegungen einher", meint Frank. "Wenn man die Eingangsöffnung für die mRNA in das Ribosom betrachtet, scheint sich diese normalerweise zu weiten und zu verengen, wenn die Untereinheit sich vor und zurück bewegt. Dies ist exakt die erwartete Öffnung, wenn man bedenkt, dass in einem Fall die mRNA frei beweglich sein muss, während sie zum anderen Zeitpunkt gesichert und vor Bewegungen bewahrt werden soll".
Die Forscher wollen nun eine Technik entwickeln, mit der sie die ribosomalen Abläufe vor dem Einfrieren synchronisieren können. Sie wollen damit erreichen, dass alle Ribosomen an genau demselben Punkt in der Protein-Synthese festgehalten werden. Die Synchronisation würde den Forschern ermöglichen, die Masse von Ribosomen zu jedem Zeitpunkt der Reaktion zu bestimmen. Damit könnten die Wissenschaftler mehr darüber erfahren, wie die Ribosomen dazu beitragen, Proteine aufzubauen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 4.4.2000
"Wie man Gene liest"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 10.12.1999
"Ribosomenstruktur teilweise aufgeklärt"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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