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News: Der Hunger ruft

Wir leben nach der Uhr - jedoch nicht erst seit der Erfindung des Acht-Stunden-Tages, sondern wahrschscheinlich seit Anbeginn der Existenz unserer Art. Wie bei allen Säugetieren steuern auch beim Menschen innere Uhren den Tagesablauf. Ging man bisher davon aus, dass eine zentrale Uhr im Körper alles kontrolliert, weisen neueste Untersuchungen auf mehrere innere Uhren hin, die unabhängig gesteuert werden - beispielsweise durch das Nahrungsangebot.
Alles hat seine Zeit. Die meisten Organismen – einschließlich des Menschen – orientieren sich bei regelmäßig wiederholten Verhaltensweisen nach dem Tag-und-Nacht-Wechsel: Eine innere Uhr bestimmt, wann wir müde werden, oder wann wir Hunger haben. Der endogene Rhythmus dauert jedoch nur ungefähr einen Tag – daher die Bezeichnung "circadian" – und muss durch einen äußeren Zeitgeber ständig nachjustiert werden. Der wichtigste Zeitgeber hierfür ist das Licht. Fehlt der regelmäßige äußere Hell-Dunkel-Rhythmus, dann hat der Tag beispielsweise für den Menschen etwa 25 Stunden.

Die Uhr, die unseren Biorhythmus steuert, sitzt im Gehirn. Spezialisierte Neuronen im suprachiasmatischen Nucleus (SCN) des Hypothalamus verarbeiten die Sinnesreize der Augen und bestimmen, wann wir schlafen oder wach sind. Neben dieser "Hauptuhr" gibt es im Körper jedoch "Nebenuhren", die ebenfalls über einen endogenen, circadianen Rhythmus verfügen. Dadurch wird beispielsweise die regelmäßige Produktion von Verdauungsenzymen der Leber kontrolliert.

Bisher gingen die Wissenschaftler davon aus, dass die Hauptuhr des SCN alle Nebenuhren des Körpers überwacht. Ueli Schibler vom Department of Molecular Biology der Université de Genève wollte es genauer wissen. Zusammen mit seinen Mitarbeitern untersuchte er den Tagesrhythmus von Mäusen. Als nachtaktive Tiere fressen sie normalerweise nur bei Dunkelheit – und zwar auch dann, wenn die Wissenschaftler ihnen rund um die Uhr Nahrung anbieten. Offensichtlich "sagt" die zentrale innere Uhr den Tieren, gesteuert über den äußeren Hell-Dunkel-Ryhthmus, wann sie Hunger haben.

Dann veränderten die Wissenschaftler den Zeitpunkt des Nahrungsangebotes. Die Mäuse waren nach wie vor einem regelmäßigen Hell-Dunkel-Rhythmus ausgesetzt, bekamen jedoch entweder nur während der Licht- oder nur während der Dunkelphase zu fressen. Die Tiere ließen sich jedoch nicht austricksen. Fanden sie nur tagsüber Nahrung, dann verschob sich der innere Rhythmus der Leber entsprechend: Sie produzierte ihre Verdauungsenzyme jetzt bei Helligkeit (Genes & Development vom 1. Dezember 2000). Unter Dauerdunkel ohne Tagesrhythmus behielten die Mäuse den einmal aufgenommenen Takt ihrer Leber bei. Schibler schließt daraus, dass die endogene Uhr der Leber unabhängig beziehungsweise sogar gegen den Rhythmus des Hypothalamus arbeiten kann: "Die Fütterungszeit kann die Phase der peripheren Uhren um bis zu 12 Stunden verschieben, ohne die Phase des SCN-Oszillators zu beeinflussen." Dabei haben die beiden inneren Uhren im Gehirn und in der Leber jeweils ihren eigenen Zeitgeber: Der SCN des Gehirns reagiert auf Licht – und zwar nur auf Licht – während die Enzymproduktions der Leber nur durch das Nahrunsangebot gesteuert wird. Alles hat seine Zeit.

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