News: Vom schnellen Aufstieg granitischer Magmen
Bislang glaubten die Forscher, dass solche granitischen Magmenkammern mit einer Geschwindigkeit von vielleicht einem Meter pro Jahr aufsteigen. Eine Intrusion von 50 Kilometern Durchmesser hätte dann bis zu ihrer Erstarrung eine viele Millionen Jahre lange Reise hinter sich gehabt. Doch derlei Abschätzungen sind schwierig, zumal sich selbst die dünne Erdkruste der direkten Erforschung weitgehend verschließt: Vergleicht man die Erde mit einem Fußball, so hätte die tiefste Bohrung kaum eine darauf klebende Briefmarke durchteuft. Laborversuche mit geschmolzenen Gesteinen sind aufwändig und aufgrund ihres kleinen Maßstabes schwer zu interpretieren. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Alexander Cruden vom Department of Geology der University of Toronto kombinierte derlei Ergebnisse und die Erkenntnisse aus Felduntersuchungen nun mithilfe ausgetüftelter Computer-Simulationen – und kam zu einem überraschenden Ergebnis.
Demnach ist die Viskosität der granitischen Magmen sehr viel niedriger als bisher angenommen, und je dünnflüssiger das geschmolzene Gestein ist, umso schneller kann es schließlich aufsteigen. Und so glauben Cruden und seine Mitarbeiter, dass die großen Plutone in Grönland oder Kanada nicht in Millionen von Jahren entstanden, sondern in gerade einmal 50 000 Jahren. Kleinere Intrusionen mit einem Durchmesser von 10 Kilometern hätten zu ihrer Bildung vielleicht sogar nur 1 000 Jahre benötigt (Nature vom 7. Dezember 2000).
Sollten diese Magmen einst tatsächlich so rasch aufgestiegen sein, so muss die Geschichte der Krustenentstehung neu geschrieben werden. Crudens Ergebnisse legen nämlich nahe, dass die kontinentale Erdkruste nicht langsam und stetig wuchs, sondern als Folge von vielen Tausenden heftiger Aufstiege geschmolzener Gesteinsmassen. Die Eruptionen fanden im Grenzbereich von Mantel und Kruste statt, von wo die Magmen nach oben strebten. In den oberen Bereichen der Kruste breiteten sie sich schließlich entlang von Schwächezonen horizontal aus und erstarrten. Später wurden diese Intrusionen durch neue durchbrochen, und so entstand Schicht für Schicht und nach kurzer Zeit die kontinentale Erdkruste.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 4.10.2000
"Schnellere Scheidung bei Seltenerd-Metallen" - Spektrum Ticker vom 5.9.2000
"Vulkane auf Abwegen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 4.9.2000
"Die erste Kruste der Erde"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 11.8.2000
"Das Portrait einer Magmenkammer"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Brennpunkt-Thema vom 9.3.2000
"Planeten im Reagenzglas" - Spektrum der Wissenschaft 1/00, Seite 16
"Wie tief können Platten sinken?"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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