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Agrargeschichte: Gerste wurde zweimal domestiziert

Gerste
Während der so genannten Neolithischen Revolution vor rund 8500 Jahren wurde die Gerste (Hordeum vulgare) offensichtlich zweimal unabhängig voneinander erfolgreich domestiziert: im Nahen Osten – dem Fruchtbaren Halbmond – sowie in Zentralasien.

Wilde Urform der Gerste | Wilde Urform der Gerste bei Aleppo in Syrien: Eines ihrer frühen Zuchtzentren findet sich im so genannten Fruchtbaren Halbmond im Vorderen Orient.
Mit ihren genetischen Untersuchungen bestätigen Peter Morrell und Michael Clegg von der Universität von Kalifornien in Irvine frühere Vermutungen, nach denen dieses Getreide mehr als einmal erfolgreich gezielt gezüchtet worden wahr. Bislang basierte diese Theorie auf der Nutzungsgeschichte der Gerste, die im südlichen Zentralasien wie im Vorderen Orient seit mehr als 8000 Jahren angebaut wird. Allerdings war unklar, ob sie dort selbst gezüchtet wurde – Zentralasien liegt in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet – oder ob sie zusammen mit anderen Getreidesorten durch frühe Handlungsreisende in die Region gelangte.

Domestizierung der Gerste | Domestizierung der Gerste: Genetische Untersuchungen zeigen, dass das Getreide offensichtlich auch ein zweites Mal unabhängig von der Wild- in eine Zuchtform übergeführt wurde – in Zentralasien (rote Kreise).
Die beiden Forscher verglichen nun, wie häufig bestimmte Haplotypen im Erbgut der Gerste vorkommen. Von entscheidender Bedeutung war dabei unter anderem die Mutation, die zur Ausbildung unverbrüchlicher Getreidekörner führte – sie knickten nicht mehr so leicht vom Stängel und waren dadurch leicht von Hand einzusammeln. Je nach Teilpopulation sitzt der Ursprung dieser Mutation jedoch an unterschiedlichen Stellen im Genom. Numerische Auswertungen der Erbgutmuster erbrachten schließlich zwei Entstehungszentren, wobei das zentralasiatische Zuchtgebiet in den westlichen Ausläufern des Zagrosgebirges im heutigen Iran liegen könnte, wo 7000 bis 8000 Jahre alte Gerstenkörner in jungsteinzeitlichen Siedlungsplätzen gefunden wurden.

Die genetischen Untersuchungen zeigen zudem, dass in Europa und Amerika den historischen Ausbreitungswegen entsprechend heute Gerstensorten mit nahöstlichem Einfluss überwiegen, während vom Zagros bis Fernost die zentralasiatischen Einflüsse überwiegen. (dl)

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