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: Außerirdische Intelligenz

Außerirdischer
Was bringt die Zukunft? Diese Serie (hier geht es zur Übersicht) stellt Ihnen täglich eines von zwölf Szenarien vor, die die Welt verändern könnten.
Vor 50 Jahren richtete ein junger Astronom sein Teleskop auf unsere stellaren Nachbarn. Der damals 29-jährige Frank Drake vom National Radio Astronomy Observatory in Green Bank im US-Bundesstaat West Virginia nahm mit dem dortigen 26-Meter-Radioteleskop zwei nahe Sterne ins Visier, um nach Signalen dortiger Zivilisationen zu fahnden. Vergeblich. Aber mit Drakes Projekt Ozma hatte die Geburtsstunde der Suche nach außerirdischer Intelligenz geschlagen, im Englischen SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence) abgekürzt.

Im Mai dieses Jahres wurde Drake 80 Jahre alt und er verfolgt seinen alten Plan immer noch. Jetzt leitet er das Carl Sagan Center for the Study of Life in the Universe, das zum gemeinnützigen SETI Institute im kalifornischen Mountain View gehört. Während die SETI-Späher früher noch Beobachtungszeit an anderen astronomischen Instrumenten ergattern mussten, verfügen sie heute über eigene Spezialinstrumente – darunter das gerade in Betrieb genommene Allen Telescope Array (ATA). Doch die Fördermittel bleiben knapp. Das im kalifornischen Hat Creek installierte Teleskopfeld ist eigentlich für 350 Empfangsschüsseln ausgelegt, bislang sind dort aber nur 42 errichtet.

Keine Nachbarn in unserer eigenen Galaxis?

Bislang haben die Forscher noch nicht genügend Daten gesammelt, um verlässliche Aussagen zur Existenz von anderem intelligenten Leben im Universum machen zu können. "Wir arbeiten zwar schon 50 Jahre an diesem Thema, haben in dieser Zeit aber nicht allzu viel Zeit an Teleskopen verbracht", sagt Jill Tarter, Leiterin des Center for SETI Research am SETI Institute. "Was wir bislang immerhin sagen können ist, dass in der Galaxis sicherlich nicht allzu viele Zivilisationen existieren, die gerade Radiosignale aussenden."

Planetenforscher Alan P. Boss von der Carnegie Institution for Science stimmt zu. "Das bisherige Fehlen von SETI-Signalen bedeutet einfach nur, dass Zivilisationen, die uns etwas senden wollen, nicht häufig genug sind, als dass wir sie durch die SETI-Suchen mit ihrem begrenzten Abdeckungsgrad finden könnten", sagt Boss. "Große Teile der Galaxie wurden bislang noch überhaupt nicht abgesucht." Immerhin hat eines der bisher aufwändigsten Projekte, Phoenix, mit einigen der weltgrößten Radioteleskope nahe gelegene Sterne über einen weiten Frequenzbereich hinweg gescannt. Unter anderem mit einem australischen 64-Meter-Instrument wurden dabei in neun Jahren rund 800 Sterne untersucht. In der Milchstraße existieren allerdings mehr als hundert Milliarden Sonnen.

Funkt E.T. rund um die Uhr?

Schwierig sind die SETI-Vorhaben vor allem auch deshalb, weil die Zahl möglicher Signalparameter so hoch ist. Die Forscher wissen zum Beispiel nicht, auf welcher Frequenz sie suchen müssen. Senden die Aliens rund um die Uhr, benutzen sie den Modulationstyp AM oder FM? "Diese Suche ist mindestens neundimensional", sagt Tarter. "Wir können acht dieser Dimensionen korrekt erraten und genau die dafür passenden Instrumente entwickeln. Haben wir uns aber auch nur einmal vertan, verpassen wir das Signal möglicherweise dennoch."


Im Jahr 2009 erhielt Jill Tarter den TED-Preis, der von US-amerikanischen Firmen für Leistungen im Bereich "Technology, Entertainment, Design" verliehen wird. In diesem Video spricht sie über ihre Arbeit.

Die Argumente der SETI-Forscher und anderer Wissenschaftler dafür, dass Leben im All weit verbreitet sein könnte, werden durch Befunde gestützt, dass viele Sterne über Planetensysteme verfügen. Über 400 extrasolare Planeten sind bereits entdeckt worden, alle paar Tage kommt ein neuer hinzu. Die meisten sind zwar kochend heiße Giganten, die für Leben, wie wir es kennen, unbewohnbar sind. Doch es gibt auch erdähnliche Himmelskörper. Wie häufig sie sind, dürfte in den nächsten Jahren unter anderem das Satellitenteleskop Kepler der NASA herausfinden, das derzeit mehr als 100 000 Sterne nach Planeten absucht. Beherbergt eine "zweite Erde" aber automatisch auch eine Zivilisation, die technologische Leistungen wie die Erzeugung von Radiowellen entwickelt hat? Das ist nicht notwendigerweise der Fall. Viele Forscher erwarten, eher einfachere Lebensformen vorzufinden. Mikroben oder Schleimpilze könnten Boss zufolge tatsächlich weit verbreitet sein (Fotosynthese unter fremden Sternen, SdW 10/2008); aber frühestens in zwei Jahrzehnten dürften wir auch über die Technologie verfügen, um sie aufzuspüren.

Niemand weiß, wie wir reagieren sollten

Was aber geschähe, wenn wir tatsächlich Signale einer intelligenten Zivilisation empfangen? Die SETI-Organisation würde erst einmal Observatorien in aller Welt um eine Bestätigung ihrer Befunde bitten, und sich dann – wohl erfolgreich – um Gelder bemühen, mit denen sich größere spezialisierte Teleskope errichten lassen. Die meisten Regierungen träfe ein solches Ereignis allerdings völlig unvorbereitet. Auch auf der Ebene der Vereinten Nationen existiert noch keine Institution, die den strittigen nächsten Schritt koordinieren könnte: Wie würden wir reagieren, wenn wir Signale eines Nachbarn vernehmen, der uns möglicherweise feindlich gesinnt ist?

SETI-Forscher Drake hatte als Student einst tatsächlich geglaubt, ein Signal aufgespürt zu haben. Die Erinnerung daran hat ihn nicht mehr losgelassen: "In diesem Moment fühlt man, dass sich alles ändern wird."

Eintrittsprognose: sehr unwahrscheinlich

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