Abreise der Pinguine
Kaiser im Eis
Es ist eine Geschichte, die viele Herzen rührte: das Leben und Lieben der antarktischen Kaiserpinguine im Film "Die Reise der Pinguine". Nach Verpaarung und Eiablage verabschieden sich die Weibchen der majestätischen Frackträger von ihren Gatten und steuern über das Eis auf das Meer zu. Dort sollen sie ihre Reserven für den Nachwuchs auftanken, während ihre Gatten hungernd in der eisigen Polarnacht ausharren, um Ei und Küken vor Kälte und Erfrierungstod zu schützen. Haben sie Glück, kehrt die Partnerin im anbrechenden Frühling zurück, nährt den Nachwuchs und entlässt den Mann zur Futtersuche.
Ein entbehrungsreiches Leben, an das sich Aptenodytes forsteri im Laufe der Evolution perfekt angepasst hat – und mit dem die Art bislang gut gefahren ist. Doch das könnte sich in den nächsten Jahrzehnten gravierend verändern, sollte tatsächlich eintreten, was Forscher um Stéphanie Jenouvrier nun prognostizieren. Sie fürchten, dass die Kaiserpinguine bis 2100 in massive Schwierigkeiten geraten und im Extremfall sogar aussterben könnten, weil ihnen der Klimawandel die Lebensgrundlage raubt.
Die Vögel sind zum Überleben darauf angewiesen, dass das Meer rund um die Antarktis zufriert, da dort vielerorts ihre Brutplätze und Kinderstuben liegen und sie vor Attacken räuberischer Seeleoparden geschützt sind. Ausgedehntes Eis sorgt zudem dafür, dass sich der Krill optimal vermehrt – die kleinen Krebschen bilden die Nahrungsgrundlage von Fischen, die wiederum von den Pinguinen bevorzugt gefressen werden.
Die Erderwärmung reduziert nun allerdings die durchschnittliche Meereisbedeckung und führt dazu, dass das Eis im Frühling zeitiger aufbricht. Das beeinträchtigt jedoch das Brutgeschäft der Pinguine, wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigen: Im antarktischen Adélieland schrumpfte das Packeis zwischen 1972 und 1981 um rund 11 Prozent, weshalb die Kaiserpinguine mehrfach ihre Bruten verloren und sich ihre Zahl halbierte. Auf der Antarktischen Halbinsel – die sich in den letzten Jahrzehnten im weltweiten Maßstab extrem erwärmt hat – haben sogar nur noch einzelne Paare überlebt. Ein stochastisches Populationsmodell der Wissenschaftler, in das langzeitige Brutdaten wie Prognosen der zukünftigen Eisbedeckung einflossen, zeigt nun, dass diese negative Rückkoppelung in den nächsten Jahrzehnten häufiger auftreten wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Art ausstirbt, erhöht sich demnach deutlich und beträgt bis 2100 mehr als 35 Prozent.
Um zu Überleben müssten die Kaiserpinguine folglich mit der Zeit gehen und sich an die neuen Bedingungen anpassen. Allerdings scheint ihnen diese Fähigkeit bislang noch zu fehlen: Im Gegensatz zu anderen Seevögeln des Adélielands haben sie noch nicht auf die Erwärmung reagiert und ihr Brutgeschäft zeitlich nach vorne verlagert. Die Hoffnung der Art ruht daher bislang auf dem Bestand in der Rosssee, wo die Eisbedingungen noch stabil sind: Ein Viertel aller Kaiserpinguine lebt dort. (dl)
Jenouvrier, St. et al.: Demographic models and IPCC climate projections predict the decline of an emperor penguin population. In: Proceeding of the National Academy of Sciences 10.1073.pnas.0806638106, 2009.
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