Transparenz: Die Maus durchschaut
Das gläserne Gehirn
Dank moderner Gentechnik ist der Körper heute bei Weitem nicht mehr so unübersichtlich wie früher. Man schleust einfach das Gen für das Quallenprotein GFP oder eines seiner Abkömmlinge in den Zielorganismus, wie von Geisterhand leuchten Organe, Gewebe und sogar einzelne Zellen auf und man sieht – erstmal nichts. Die meisten Lebewesen sind nämlich ziemlich intransparent. Möchte man Strukturen untersuchen, die, wie die Nervenzellen des motorischen Kortex der Maus, tief im Körper verborgen liegen, muss sie herauspräparieren oder gar das Tier in einzelne Scheiben schneiden. Oder man macht die Maus einfach komplett durchsichtig, wie es die Arbeitsgruppe von Ali Ertürk an der LMU München an Präparaten wie diesem Gehirn demonstriert hat.
In diesem Bild ist das Gehirn einer Maus mit einem Lösungsmittelgemisch getränkt und dadurch durchsichtig, ein Verfahren, das man als Tissue Clearing bezeichnet. Sichtbar sind nur die beiden Motorcortices und die von ihnen ausgehenden Neuronen, die die Muskeln der Maus ansteuern. Die Methode namens 3DISCO (3D imaging of solvent-cleared organs, 3-D-Abbildung lösungsmittelgereinigter Organe) beziehungsweise in Ertürks leicht abgewandelter Variante "ultimate DISCO" ähnelt der klassischen Plastination, bei der die Gewebeflüssigkeit erst entwässert und dann durch einen Kunststoff ersetzt wird. Allerdings verwendet man dabei ein Lösungsmittelgemisch, dessen Brechungsindex so nah an jenem biologischer Strukturen ist, dass kaum noch Licht an Grenzflächen gestreut wird – die Probe ist durchsichtig. Außerdem darf das Verfahren die fluoreszierenden Proteine nicht beschädigen, zum Beispiel durch Radikale oder andere reaktive Substanzen. Ein weiterer Effekt, der bei der Plastination aufwändig vermieden wird, ist dagegen erwünscht: Wenn man das Wasser entfernt, schrumpfen die Proben um mehr als ein Drittel – und mehr Details können unter dem Mikroskop nun schärfer eingestellt werden.
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