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Materialforschung: Die verborgene Ordnung der Zähne

Zahnschmelz ist härter als Stahl und hält über Jahrzehnte stärksten Belastungen stand. Hinter dieser Fähigkeit steckt eine bisher unbekannte Regelmäßigkeit winziger Kristalle.
Ein farbcodiertes Bild, in dem die verschiedenen Farben die Ausrichtung feinster Kristalle anzeigen

Die verborgene Ordnung der Zähne

Die psychedelischen Farbverläufe dieser Abbildung zeigen den Trick, der Zahnschmelz zu einem der bemerkenswertesten Materialien in der Biologie macht. Die extrem harte äußere Hülle unserer Zähne bildet sich in unserer Jugend und bleibt über Jahrzehnte beständig – trotz extremer Belastungen beim Kauen, die andere Werkstoffe binnen Kurzem zum Ermüdungsbruch treiben würden. Warum genau das nicht passiert, demonstriert eine Arbeitsgruppe um Pupa Gilbert von der University of Wisconsin und Markus J. Buehler vom MIT mit einer speziellen Form der Elektronenmikroskopie, die neben der Struktur des Zahnschmelzes auch die genaue Ausrichtung der Kristalle sichtbar macht.

Zahnschmelz besteht aus etwa 50 Nanometer großen Kristallen des Minerals Hydroxylapatit, die sich – wie im Bild erkennbar – einerseits zu langen Stäbchen mit etwa fünf Mikrometer Durchmesser zusammenlagern und andererseits die Lücken zwischen ihnen füllen. Die Anordnung der winzigen, hier nicht einzeln erkennbaren Nanokristalle in den Stäbchen allerdings fällt durch eine Besonderheit auf, wie das Team in »Nature Communications« berichtet. Die Achsen benachbarter Kristalle sind gegeneinander verdreht, und zwar keineswegs in zufälliger Weise – sondern immer in Winkeln zwischen 1 und 30 Grad. Dadurch verändert sich die Richtung der Kristalle in jedem Stäbchen nach und nach, was sich in den sanften Farbübergängen innerhalb der Stäbchen widerspiegelt.

Warum das so ist, zeigen Gilbert und Buehler in einer Computersimulation. Demnach wachsen die für Materialermüdung typischen Mikrorisse am besten, wenn die Gitter perfekt gleich ausgerichtet sind. Auch bei um 45 Grad gegeneinander gedrehten Kristallachsen breiten sich die Risse über die Grenze zweier Bereiche hinweg aus; bei einem Winkel von 17 Grad dagegen stoppt die Grenze zwischen beiden Bereichen die Ausbreitung der Risse nahezu komplett – eben in jenem Bereich, in dem die meisten Kristallgrenzen im Zahnschmelz liegen.

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