Rostock: Verfluchte Latrine!
Mittelalterliches Fluchtäfelchen
Vermutlich ist er so alt wie die Menschheit selbst: der Aberglaube. Also die Überzeugung, dass es übernatürliche Kräfte gibt, die sich im dümmsten Fall gegen einen richten, hat man sich zuvor nicht mit Talismanen behängt oder allerlei Abwehrgesten und Vorsichtsmaßnahmen bedient. Menschen haben aber seit Jahrtausenden auch versucht, diese ominösen Kräfte zu ihren Gunsten zu lenken. Als ein probates Mittel galt in der Antike das Fluchtäfelchen aus Blei. Doch offenbar erhofften sich Menschen auch später noch von auf Blei gekritzelten Zaubersprüchen eine Wirkung. So entdeckten Archäologen bei einer Ausgrabung in Rostock ein Fluchtäfelchen aus dem 15. Jahrhundert. Laut dem Projektleiter Jörg Ansorge von der Grabungsfirma AIM-V Archäologie seien derartige Funde aus dem Mittelalter bislang nicht bekannt.
Das Stück Metall kam bei Grabungsarbeiten am Rostocker Rathaus am Boden einer Latrine zum Vorschein. Es war zusammengerollt. Erst als die Fachleute es auswickelten, zeigte sich auf dem zirka acht Zentimeter langen Bleiobjekt eine Inschrift in gotischer Minuskel, einer typischen Schriftart des Mittelalters. »Sathanas taleke belzebuk hinrik berith«, entzifferten die Fachleute, was so viel bedeutet wie: »Satan Taleke Beelzebub Heinrich Berith«. Offensichtlich, erklären die Ausgräber gemäß einer Pressemitteilung, wünschte jemand einem Mann namens Heinrich und einer Frau mit Namen Taleke drei Teufel an den Hals. Warum, darüber lässt sich nur spekulieren. Den Fundort in einer Latrine hingegen kann sich das Team um Ansorge gut erklären. Die Fluchtafel sollte an einer verborgenen Stelle liegen und dort unbemerkt seine Wirkung entfalten.
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