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Mexiko-Stadt: Kriegsbeute der Azteken entdeckt

Die Azteken unterwarfen ihre Nachbarn, raubten deren Götterbilder und brachten sie ihren eigenen Gottheiten dar. Archäologen entdeckten nun eine solche Kriegsbeute in Mexiko-Stadt.
Opferkiste im Umfeld des Templo Mayor, Mexiko-Stadt, aus dem 15. Jahrhundert, der Zeit von Moctezuma I.

Grüne Götter in der Kiste

Das Allerheiligste der Azteken lag auf einer Insel im Texcoco-See. Dort, inmitten ihrer Hauptstadt Tenochtitlán, hatten die Azteken Tempel errichtet, darunter ihr wichtigstes Heiligtum für den Kriegsgott Huitzilopochtli und den Regengott Tlaloc. Und dort wollten die Azteken, die sich selbst Mexica nannten, sichergehen, dass ihnen diese Gottheiten gewogen blieben. Dazu ließen sie im Umfeld der Tempelpyramide Gaben an die Götter vergraben.

Heute erhebt sich über den Überresten des so genannten Templo Mayor die Hauptstadt Mexikos – und inzwischen holen Archäologen die jahrhundertealten Opferkisten aus dem Boden. So fanden Fachleute um Leonardo López Luján vom mexikanischen Instituto Nacional de Antropología e Historia (INAH) eine solche Grube mit zahlreichen Weihegaben, die darin seit ungefähr 550 Jahren unversehrt lagen. Es handelte sich um 15 Steinfiguren – die größte davon rund 30 Zentimeter lang –, zwei Ohrringe in Schlangenform, 137 Perlen aus grünem Gestein sowie fast 2000 Muschelschalen, Schneckenhäuser und Korallen.

Die Skulpturen identifizieren die Ausgräber als Bildnisse von Männern, nur eine, die kleinste mit zirka drei Zentimeter Länge, stelle eine Frau dar. Aus der Machart der Figuren schließen die Experten, dass sie aus der Mezcala-Kultur stammen, die im heutigen Bundesstaat Guerrero beheimatet war – südlich von Mexiko-Stadt. Aus Textquellen ist bekannt, dass der Aztekenfürst Moctezuma I., der von 1440 bis 1469 in Tenochtitlán herrschte, Regionen und Völker in Guerrero erobert hatte. Allerdings würden die Figuren aus der Opferkiste, so erklären die Archäologen des INAH, stilistisch viel älter aussehen. Die Experten um López Luján ordnen sie einem Zeitraum zu, der von der Präklassik bis in die Spätklassik der mesoamerikanischen Kulturen reicht – also in eine Zeit von ungefähr 1200 v. Chr. bis 900 n. Chr.

»Das bedeutet, dass, als die Mexica diese Völker unterwarfen, die Figuren bereits wahrhaftige Relikte waren, einige von ihnen mehr als 1000 Jahre alt«, erklärt López Luján laut einer Pressemitteilung des INAH. »Vermutlich dienten sie [den Mexika] als Kultstatuetten, die sie sich als Kriegsbeute angeeignet hatten.« Die Azteken hatten die Kultfiguren auch bemalt – womöglich um diese auf ihren Gott Tlaloc umzuwidmen, wie das Archäologenteam annimmt.

An der Fundstelle, in der rückwärtigen Plattform des Templo Mayor, kamen zuvor schon vergleichbare Steinkisten zum Vorschein. Die Mexika hatten solche quadratischen Behälter als »tepetlacalli« bezeichnet und in Exemplaren des häuslichen Umfelds wertvolle Gegenstände aufbewahrt. »In Hinsicht auf den Templo Mayor, der einen heiligen Berg voller Güter darstellte, ist es also vorstellbar, dass die Priester in diesen ›Steintruhen‹ die Symbole für Wasser und Fruchtbarkeit aufbewahrten: Skulpturen der Regengottheiten, grüne Steinperlen, Muscheln und Schnecken«, sagt López Luján.

Der Templo Mayor wurde samt dem Reich der Azteken zerstört, als die Spanier 1521 nach Tenochtitlán kamen. Diese machten die Stadt dem Erdboden gleich und errichteten auf dem Schutt ihre neue Kapitale von Neuspanien, Mexiko-Stadt.

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