Trockenkorn
Dehydrierter Pollen einer Lilie
Pollenkörner müssen harte Zeiten aushalten: Abgelöst vom Mutterblümchen, sehen sie sich einer harschen, trockenen Umwelt ausgesetzt, bevor sie am Ziel – der Narbe einer anderen Blüte – wieder Feuchte genießen dürfen. Um Zeit und Weg bis dorthin zu überstehen, reduzieren sie ihren Stoffwechsel auf ein Minimum und fallen in eine Art Dauerschlaf.
Doch kommt ihnen dabei auch das körncheninterne Nass abhanden – sie trocknen aus. Das hat natürlich Folgen für das Aussehen, muss doch nun die doppelwandige und recht stabile Schutzhülle schrumpfen. Und sie muss sich erfolgreich wieder entfalten können, wenn das Körnchen am richtigen Platz gelandet ist.
Eine entscheidende Rolle bei diesem Harmomegathie genannten Prozess spielt die Oberflächenstruktur der Körner, wie der Botaniker Julien Vesque schon 1883 bemerkte. Hat sie längliche Öffnungen – Aperturen –, aus denen einmal der zu bildende Pollenschlauch leichter herauswachsen kann, so strecken sich die Pollenkörner beim Trocknen zunächst in die Länge. Dabei ziehen sich die Ränder der Aperturen immer weiter zusammen und werden so perfekt verschlossen. Fehlen die Öffnungen oder sind sie rundlicher geformt, bilden sich schlicht zunehmend Dellen auf der Oberfläche, deren Lage und Anzahl stark variiert – so zumindest lauten die Grundmuster.
Eleni Katifori von der Rockefeller University in New York und ihre Kollegen schlossen nun eine weitere Lücke im Verständnis ums Porenschrumpeln: Sie beobachteten unter dem Elektronenmikroskop, wie beispielsweise das hier abgebildete Pollenkorn einer Lilie nach und nach dehydriert und stellten fest, dass simple mechanische und geometrische Prinzipien ausreichen, den Prozess zu erklären. Im Vergleich zur Schönheit des Originalobjekts dürfte der Reiz der Formeln allerdings für manche weniger offensichtlich sein. (af)
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