England: University of Cambridge findet seltene Malereien auf dem Dachboden
Fallgatter, Tudorrose und Lilie
Die University of Cambridge fördert für gewöhnlich wissenschaftliche Entdeckungen auf der ganzen Welt zu Tage, doch nun sind Arbeiter auf dem Universitätsgelände selbst fündig geworden. Auf einem Dachboden des Christ's College stießen sie bei Sanierungsarbeiten auf ungefähr 500 Jahre alte Wandmalereien, wie die Universität mitteilt. Dargestellt sind Symbole, die mit der Förderin des Colleges, Lady Margaret Beaufort (1443–1509), und dem Adelshaus der Tudors in Zusammenhang stehen. Dass solche Wandbilder die Zeiten seit dem frühen 16. Jahrhundert überdauert haben, sei außergewöhnlich, erklärt Christina Faraday von der University of Cambridge gemäß einer Presseinformation. »Wandmalereien waren eine relativ günstige und unbedeutende Art der Dekoration und wurden daher selten bewusst erhalten«, so die Tudorexpertin.
Bei den Wandbildern handelt es sich um drei Wappenmotive mit Kronen. Sie prangen auf einer hellen Wand, werden aber teils von einem Dachbalken verdeckt: Von links nach rechts sind ein Fallgatter, eine Rose und eine Lilie zu erkennen. Das Blumenmotiv bildet die so genannte Tudorrose ab. Margaret Beauforts Sohn Heinrich VII., ab 1485 König von England, schuf das Wappen, um das eigene Adelsgeschlecht mit dem seiner Frau Elizabeth of York symbolisch zu verbinden. Das Wappen versinnbildlicht in gewisser Weise also das Ende der Rosenkriege zwischen den Häusern Lancaster und York, die England von 1455 bis 1485 entzweiten.
Das Fallgatter gehört zum Wappen der Familie Beaufort, und die Lilie spielt auf das französische Königtum an. Seit der Herrschaft Edwards III. im 14. Jahrhundert beanspruchten die englischen Könige auch die Krone von Frankreich und fügten deshalb die Lilie ihrem Wappen hinzu.
Margaret Beaufort hatte das Christ's College, das bereits seit 1448 bestand, im Jahr 1505 neu gegründet. »Es ist eine wirklich aufregende und ungewöhnliche Entdeckung, die zeigt, wie das College nach seiner Neugründung in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts seine königliche Gönnerin feierte und propagierte«, erklärt Kunsthistorikerin Faraday. Die Bilder auf dem Dachboden des Christ's College seien ein früher Beleg für die Verbreitung eines »visuellen Markenzeichens« von Beauforts Adelsfamilie außerhalb des Königshofs. Ursprünglich zierten die Wappenbilder keinen Dachboden, sondern die Wände einer Bibliothek.
Den Seltenheitswert der Wandmalereien bezeugen auch Berichte im Universitätsarchiv. Aus diesen geht hervor, dass die letzten Nachrichten über derartige Wandbilder aus der Zeit um 1738 stammen. Wie das Christ's College erklärt, sollen die Wandmalereien restauriert, jedoch nicht für Besucher offen stehen, weil sie schlecht zugänglich sind und geschützt bleiben sollen.
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